Rz. 91
Dem Testamentsvollstrecker obliegt für die Dauer seiner Verwaltertätigkeit die aktive und passive Prozessführungsbefugnis, d. h. er kann in seiner Eigenschaft als Verwalter des Nachlasses klagen und verklagt werden (§ 2212 BGB).
Der Umfang der Rechtsmacht bestimmt sich aus den dem Vollstrecker übertragenen Aufgaben sowie seinen Rechten und Pflichten gegenüber den Erben (§ 2208 BGB).
Ansprüche auf den Nachlass können sowohl gegen den Erben als auch gegen den Testamentsvollstrecker eingeklagt werden, Pflichtteilsansprüche indessen nur gegen den Erben.
14.1 Aktive Prozessführungsbefugnis
Rz. 92
Im Aktivprozess klagt der Testamentsvollstrecker als Partei kraft Amtes gemäß §§ 2212 BGB, § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aus eigenem Recht. Folglich kann er alle Prozesshandlungen im Rahmen der ihm obliegenden Aufgaben über die seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände vornehmen. Das Rubrum lautet daher "... als Testamentsvollstrecker über den Nachlass des am ... verstorbenen ...".
Da dem Testamentsvollstrecker die ausschließliche Prozessführungsbefugnis obliegt, kann er auch einen nach § 239 ZPO unterbrochenen Prozess wieder aufnehmen. Sofern den Erben nicht nach § 2208 BGB das Prozessführungsrecht übertragen wurde, können diese als Zeugen vernommen werden.
Ein vom Testamentsvollstrecker als Partei kraft Amtes erwirktes Urteil entfaltet gemäß § 327 Abs. 1 ZPO Rechtskraft für und gegen die Erben. Der Erbe kann aus diesem Urteil dann selbstständig die Zwangsvollstreckung betreiben, wenn gemäß § 728 Abs. 2 Satz 1 ZPO eine Klauselumschreibung erfolgt und die Testamentsvollstreckung beendet ist.
Verweigert der Testamentsvollstrecker sowohl die Prozessführung als auch eine gewillkürte Prozessstandschaft durch die Erben, können diese nach § 2216 BGB die Durchführung der Klage verlangen.
Auch wenn der Erbe (z. B. ein gemeinnütziger Verein) von der Entrichtung von Gerichtsgebühren befreit ist, gilt diese Befreiung nicht für den selbst den Erbschein für diesen Erben beantragenden Testamentsvollstrecker.
14.2 Passive Prozessführungsbefugnis
Rz. 93
Im Passivprozess gilt die Regelung des § 2213 Abs. 1 BGB. Hiernach besteht eine konkurrierende Prozessführungsbefugnis. Der Gläubiger hat ein Wahlrecht, sofern der Testamentsvollstrecker zur Verwaltung des gesamten Nachlasses befugt ist. Er kann den Anspruch gegen die Erben, den Testamentsvollstrecker oder gegen beide geltend machen.
Da allerdings ein gegen den Erben gerichtetes Urteil keine Wirkung gegenüber dem Testamentsvollstrecker entfaltet, bedarf es gemäß § 748 Abs. 1 und 2 ZPO eines Duldungstitels gegen den Testamentsvollstrecker, wenn in Nachlassgegenstände, die der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegen, vollstreckt werden soll (vgl. § 2213 Abs. 3 BGB).
Bei einer Pflichtteilsklage ist im Falle einer Testamentsvollstreckung zu beachten, dass die Klage gegen den Erben mit einer Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlass zu verbinden ist, da nur der Erbe passivlegitimiert ist, § 2213 Abs. 1 Satz 3 BGB i. V. m. § 748 Abs. 3 ZPO.
Da der Testamentsvollstrecker selbst aktiv und passiv prozessführungsbefugt ist für den Prozess, den er für den Nachlass führt, kann der Erbe, soweit er nicht auch Partei geworden ist, als Zeuge vernommen werden.
Muster
Klage des Testamentsvollstreckers auf Herausgabe von Nachlassgegenständen
An das
Landgericht ...
Klage
des Rechtsanwalts XY in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker über den Nachlass des am ... verstorbenen ...
– Kläger –
gegen
...
– Beklagter –
wegen Auskunft und Herausgabe
Streitwert: ... EUR
Namens und im Auftrag des Klägers erhebe ich hiermit Klage mit folgenden Anträgen:
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger schriftlich Auskunft zu erteilen,
- über den Bestand des Nachlasses des am ... verstorbenen, zuletzt wohnhaft in ... gewesenen Erblassers ... zum Stichtag ... durch Vorlage eines Bestandverzeichnisses,
über den Verbleib folgender Nachlassgegenstände:
...
durch Vorlage entsprechender Belege.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die zum Nachlass des in Ziff. 1 genannten Erblassers ... gehörenden Gegenstände:
...
herauszugeben.
- Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Begründung:
Am ... ist der ... (Erblasser) verstorben. Durch letztwillige Verfügung/Testament vom ... ist der Kläger zum Testamentsvollstrecker bestimmt worden.
Beweis: Testament vom ...
Der Kläger hat mit Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht vom ... das Amt angenommen.
Beweis: Beiziehung der Nachlassakten ...
Dem Kläger wurde am ... vom Nachlassgericht ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt.
Beweis: Testamentsvollstreckerzeugnis vom ...
Zur Sache trage ich/tragen wir folgt vor:
Der Beklagte weigert sich, Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen und die Nachlassgegenstände an den Kläger herauszugeben.
Beweis: Schreiben vom ...
Gemäß § 2205 BGB ist der Kläger als Testamentsvollstrecker berechtigt, den Nachlass in Besitz zu nehmen.
Rechtsanwalt