Rz. 32
Nicht selten ist darüber hinaus eine Dauertestamentsvollstreckung über einen längeren Zeitraum hilfreich, um komplexe Nachlässe abzuwickeln, beispielsweise wenn ein Beteiligter minderjährig oder die auserwählten Erben nicht hinreichend geschäftstüchtig und erfahren sind.
Gemäß § 2209 Satz 1 HS. 2 BGB wird dem Testamentsvollstrecker bei der sogenannten Dauertestamentsvollstreckung die laufende Verwaltung des Nachlasses zugewiesen und die reine Abwicklung um die Fortführung der Verwaltung des Nachlasses für eine bestimmte oder unbestimmte Zeit erweitert. Damit entzieht der Erblasser seinen Erben (vorübergehend oder auf Dauer) die Befugnis über den Nachlass zu verfügen. Im Unterschied zur Abwicklungs- und Auseinandersetzungsvollstreckung beendet die Erledigung der Aufgaben nicht die Vollstreckung.
Rz. 33
Soll die Dauertestamentsvollstreckung nicht gemäß § 2210 Satz 1 BGB nur für die Höchstdauer von 30 Jahren seit dem Erbfall gelten, so bedarf es der Anordnung einer Höchstdauer durch den Erblasser, vgl. § 2210 Satz 2 BGB. Nach § 2210 Satz 2 BGB eröffnet das Gesetz dem Erblasser die Möglichkeit, die Fortdauer einer Testamentsvollstreckung bis zum Tod des Erben oder des Testamentsvollstreckers oder zum Eintritt eines anderen dort genannten Ereignisses anzuordnen, und zwar in der Weise, dass es auf das jeweils spätere Ereignis ankommt.
Somit regelt § 2210 BGB die Beendigung der nach § 2209 BGB angeordneten Dauertestamentsvollstreckung durch Zeitablauf und enthält eine Ermächtigung des Erblassers, abweichende Regelungen zu treffen (vgl. § 2210 Satz 2 BGB). Der Formulierung "fortdauern" in § 2210 BGB ist zu entnehmen, dass es für die Dauer einer Testamentsvollstreckung auf die Lebenszeit des letzten bei Ablauf der 30-Jahre-Frist amtierenden Testamentsvollstreckers ankommt und es diesem ermöglicht werden soll, die begonnene Arbeit bis an sein Lebensende fortzusetzen. Hierbei hat sich der BGH der sog. Amtstheorie angeschlossen und verlangt, dass der Nachfolger des verstorbenen Testamentsvollstreckers noch innerhalb der 30-Jahres-Frist nach dem Erbfall ernannt worden sein muss.
Eine damit einhergehende Überschreitung der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer von 30 Jahren begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Zu beachten ist, dass die 30-Jahres-Frist nur für die Dauervollstreckung gilt, nicht aber für die Abwicklungsvollstreckung. Streitigkeiten zwischen den Erben und einem Testamentsvollstrecker bei einer "normalen" Abwicklung können durchaus länger als 30 Jahre andauern. Hier gibt es keine zeitliche Grenze.
Rz. 34
Hauptanwendungsfall der Dauertestamentsvollstreckung ist die Sicherung des Lebensunterhalts für Personen, die aufgrund von Minderjährigkeit, Krankheit oder aus anderen Gründen nicht in der Lage sind, das ererbte Vermögen sinnvoll und wirtschaftlich zu verwalten.
Unproblematisch ist der Fall, wenn ein unmündiges Kind und dessen Vermögen bis zum Eintritt seiner Volljährigkeit durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung – bei der die Verwaltung des Nachlasses im Vordergrund steht – geschützt werden sollen. Auch zum Schutz eines behinderten Erben ist Dauervollstreckung angezeigt, um zu vermeiden, dass der Sozialhilfeträger die Liquidierung des Nachlasses verlangt. Die Dauervollstreckung ist ferner angezeigt, wenn der Erbe oder Miterbe überschuldet ist und Gläubiger Zugriff auf das Erbe zu nehmen drohen. Allerdings wird sie mit Recht als "entmündigend" bezeichnet, da sie geeignet ist, die Entwicklung der Selbstverantwortung der Erben demotivierend zu lähmen. Gerechtfertigt scheint sie daher in diskriminierungsrechtskonformer Auslegung nur dann, wenn ein Erbe dauerhaft geschäftsunfähig oder krankhaft verschwenderisch oder spielsüchtig ist.
Hat der Erblasser das Ende der Testamentsvollstreckung bspw. bis zum 25. Geburtstag des jüngsten Erben befristet, dann ist ein Antrag der Erben auf Entziehung des Testamentsvollstreckerzeugnisses als Antrag auf Anordnung des durch Zeitablauf kraftlos gewordenen Zeugnisses an das Nachlassgericht auszulegen.