1 Einleitung
Rz. 1
Wer ein Testament oder einen Erbvertrag errichtet, hat klare Vorstellungen vor Augen. Diese lassen sich oft besser verwirklichen, wenn die Verantwortung für die Nachlassabwicklung oder -verwaltung einem Testamentsvollstrecker übertragen wird. In der Anordnung einer Testamentsvollstreckung offenbart sich das Bedürfnis des Erblassers noch nach seinem Tode Einfluss auf das Schicksal des zu Lebzeiten erlangten Vermögens zu nehmen und dieses nicht "schutzlos" seinen Erben allein zu überlassen.
Bei kleineren Nachlässen wird es regelmäßig ausreichen, wenn ein Verwandter oder ein Freund des Erblassers die Testamentsvollstreckung übernimmt. Demgegenüber empfiehlt sich bei komplizierten und/oder umfangreichen Nachlässen – insbesondere bei der Vererbung von Auslandsvermögen oder Gesellschaftsanteilen – die Inanspruchnahme professioneller Hilfe. Hier erweist sich die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers schon deswegen als ratsam, um den Familienfrieden unter den Hinterbliebenen zu wahren, das Vermögen zu schützen, den Nachlass zügig und gerecht zu verteilen sowie ggf. auch Angehörige finanziell abzusichern.
Aufgrund der Möglichkeit des Erblassers den Aufgabenkreis des Testamentsvollstreckers im Einzelnen frei festzulegen ist im Sinne des Verstorbenen die Erfüllung von Auflagen und Vermächtnissen sichergestellt. Auch kann durch die Verwaltung des Nachlasses durch einen Testamentsvollstrecker sichergestellt werden, dass geschäftlich unerfahrene bzw. überforderte bzw. geistig behinderte Erben beschützt werden. Bei Minderjährigen kann durch Anordnung der Testamentsvollstreckung sichergestellt werden, dass der Nachlass bis zu ihrer Volljährigkeit (und ggf. auch noch darüber hinaus) gesichert ist. Im Falle eines minderjährigen Erben ist die Anordnung einer Testamentsvollstreckung ausdrücklich anzuraten, wenn die Verfügungsgewalt über den Nachlass dem gesetzlichen Vertreter (z. B. infolge einer Trennung/Scheidung der Eltern) entzogen werden soll.
Rz. 2
Sowohl das Verfahren der Testamentsvollstreckung als auch die Rechte und Pflichten des Testamentsvollstreckers sind in §§ 2197 bis 2228 BGB gesetzlich geregelt. Da allerdings diese Regelungen nicht abschließend sind, geben die Regelungslücken im Lichte der Rechtsprechung sowohl dem Erblasser bei der Gestaltung als auch dem Testamentsvollstrecker bei der Durchführung seines Amtes gewisse Handlungsspielräume an die Hand.
Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang, dass die Ausübung des Testamentsvollstreckeramtes eine anspruchsvolle Tätigkeit ist, die zudem auch mit einem nicht unerheblichen Haftungsrisiko verbunden ist. An den Testamentsvollstrecker treten Fragen des bürgerlichen Rechts, des Handels- und des Steuerrechts heran. Somit muss der Testamentsvollstrecker gleichzeitig seine Rechtsbeziehungen zu den Erben bzw. Vermächtnisnehmern, zum Nachlassgericht sowie seine Verwaltungs- und Verfügungsrechte kennen und koordinieren. Daneben treffen ihn steuerliche Pflichten und er hat bei gewissenhafter Amtsausübung auch dafür Sorge zu tragen, dass etwaige zivil- oder sogar strafrechtliche Haftungsfolgen vom Nachlass ferngehalten werden.
Daher sollte im Rahmen einer anwaltlichen (Erst-)Beratung das Für und Wider der Amtsübernahme genauestens abgewogen werden. Die testamentarisch zum Testamentsvollstrecker berufene Person muss sich vor der Amtsübernahme im Klaren sein über die sie treffenden Verpflichtungen einerseits und die hiermit einhergehenden Haftungsrisiken andererseits.
Vor Übernahme des Testamentsvollstreckeramtes sollte unbedingt Einsicht in die Nachlassakte genommen werden.
Hat der Mandant das Amt als Testamentsvollstrecker bereits angenommen, so kann sich eine Beratung freilich nur noch auf einzelne Themenkomplexe beschränken. Denn je nach Art der angeordneten Testamentsvollstreckung umfasst der Aufgaben-/Pflichtenkatalog die Inbesitznahme des Nachlasses, die Nachlassverwaltung, die unverzügliche Erstellung eines Nachlassverzeichnisses nebst Mitteilung an die Erben, unter Umständen auch die Unterstützung der Erben bei der Erstellung einer Inventarliste, der Auskunft und Rechnungslegung, wie auch die Unterstützung des Erben bei der Herausgabe des Nachlasses. Wurde der Aufgabenkreis durch den Erblasser nicht explizit geregelt, ist nach § 2203 BGB eine "Abwicklungsvollstreckung" anzunehmen und die letztwillige Verfügung als Ganzes zur Ausführung zu bringen.
Rz. 3
Grundsätzlich gilt zu beachten: Je größer das Vermögen bzw. je mehr Erben vorhanden sind, desto sinnvoller ist die Anordnung einer Testamentsvollstreckung. Denn durch die Person des zur Objektivität und Neutralität verpflichteten Testamentsvollstreckers kann in der Regel Streit um die Erbauseinandersetzung vermieden werden.
Sollte es indessen nur darum gehen, den Erben möglichst zeitig die Verteilung des hinterlassenen Vermögens zu ermöglichen und ihnen auch für den Fall ihres Todes die Verfügungsmacht über Bankkonten oder Grundbesitz zu geben, dann genügt unter Umständen bereits eine (bei Grunds...