Leitsatz

  1. Ein Betreuer bedarf zur Bewilligung der Löschung eines dem Betreuten zustehenden Wohnrechts der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
  2. Hat der Berechtigte seinen Aufenthalt in ein Alters- oder Pflegeheim verlegt, so ist über die Erteilung der Genehmigung im Wege einer Interessenabwägung zu entscheiden. Eine Genehmigung scheidet grundsätzlich aus, wenn eine Rückkehr des Berechtigten in die Wohnung in Betracht kommt. Anders ist es, wenn eine Rückkehr in die Wohnung ausgeschlossen ist und der Berechtigte die Ausübung des Wohnrechts keinem Dritten überlassen kann.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Normenkette

BGB §§ 1908i Abs. 1, 1821 Abs. 1 Nr. 1, 1907 Abs. 1

 

Kommentar

Die Eigentümerin bestellte zugunsten ihres Lebensgefährten für den Fall ihres Vorversterbens ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht an der gemeinsam benutzten Wohnung in Form einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit. Nach dem Inhalt der Dienstbarkeit durfte der Lebensgefährte die Wohnung keinem Dritten überlassen; außerdem hatte er das Hausgeld und die sonstigen Nebenkosten zu tragen. Die Eigentümerin verstarb im Jahr 2008; sie wurde von ihren Enkeln beerbt. Der Lebensgefährte nutzte die Wohnung bis 2010, dann zog er in ein Pflegeheim. Der Lebensgefährte ist mittlerweile dement, eine Rückkehr in die Wohnung ist nicht zu erwarten. Die Betreuerin des Erkrankten hat beantragt, ihr die Genehmigung zur Bewilligung der Löschung des Wohnrechts zu erteilen: Der Erkrankte könne die Wohnung nicht selbst nutzen, er dürfe sie auch nicht vermieten, müsse aber für das Hausgeld und die sonstigen Nebenkosten aufkommen. Er werde mithin aufgrund des Wohnrechts belastet, ohne dass er hiervon einen Nutzen habe. Das Landgericht hat die Erteilung der Genehmigung gleichwohl abgelehnt.

Der BGH hat die Entscheidung aufgehoben: Will der Betreuer die Löschung eines dem Betreuten zustehenden Wohnrechts bewilligen, so bedarf dies der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Dies folgt zum einen aus den §§ 1908i Abs. 1, 1821Abs. 1 Nr. 1 BGB, weil die Löschung eines Wohnrechts eine Verfügung über ein Recht an einem Grundstück darstellt. Zum anderen bedeutet die Aufgabe des Wohnrechts eine endgültige Wohnungsauflösung, die der Betreuer nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts veranlassen darf (§ 1907 Abs. 1 BGB entspr.). Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, dass die beabsichtigte Löschung als Schenkung an die Erben der verstorbenen Eigentümerin zu bewerten sei, weil diese eine unbelastete Wohnung erhalten, ohne hierfür eine Gegenleistung zu entrichten. Zu einer Schenkung ist der Betreuer gem. §§ 1908i Abs. 2 Satz 1, 1804 BGB nicht befugt.

Der BGH teilt diese Ansicht nicht. Eine Schenkung sei nur dann anzunehmen, wenn und solange das Wohnrecht einen realen Vermögenswert des Betreuten darstellt. Hier ist zu unterscheiden: Kommt eine Rückkehr in die Wohnung in Betracht, liegt in dem Wohnrecht ein realer Vermögenswert. Ist dagegen eine Rückkehr in die Wohnung ausgeschlossen und ist der Berechtigte an einer Vermietung gehindert, verliert das Wohnrecht seinen Nutzwert. Zwar muss der Betreuer in einem solchen Fall mit den Erben über eine Abfindung verhandeln. Sind die Erben hierzu aber nicht bereit, wird das Wohnrecht nutzlos. In diesem Fall ist die Bewilligung zur Löschung nicht als Schenkung zu bewerten.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss v. 25.1.2012, XII ZB 479/11, NJW 2012 S. 1956

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