Dipl.-Finanzwirt (FH) Nikolaus Zöllner
Bei der Erstellung einer Einnahmen-Überschussrechnung gilt steuerlich das Zufluss- und Abflussprinzip: Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben werden grundsätzlich im Jahr der Zahlung erfasst.
Eine Ausnahme dieses Prinzips besteht bei Ausgaben, die für eine Nutzungsüberlassung von mehr als 5 Jahren im Voraus geleistet werden. In diesem Fall hat eine gleichmäßige Verteilung der Ausgaben zu erfolgen. Diese Ausnahme findet jedoch keine Anwendung für ein Disagio, das als marktüblich angesehen werden kann.
Ein Disagio ist wirtschaftlich betrachtet eine Zinsvorauszahlung des Darlehensnehmers an den Darlehensgeber. Grundsätzlich gilt: Ein Disagio stellt für den Darlehensnehmer eine Betriebsausgabe dar, die zum Zeitpunkt der Darlehensauszahlung abfließt und somit aufwandswirksam zu verbuchen ist. Für den Darlehensgeber hingegen stellt das Disagio eine Betriebseinnahme dar, die bei der Vereinnahmung zu erfassen ist.
3.1 Marktüblichkeit eines Disagios
Der Darlehensnehmer hat grundsätzlich zu prüfen, ob das Disagio marktüblich ist. Als marktüblich gilt ein Disagio von maximal 5 % bei einem mindestens 5-jährigen Zinsfestschreibungszeitraum. Bei einer Laufzeit von weniger als 5 Jahren kann ein Disagio bis zu 1 % pro Jahr der Laufzeit als marktüblich betrachtet werden. Der Nachweis eines höheren, marktüblichen Disagios und eines längeren Zinsfestschreibungszeitraums ist möglich, sofern es den am aktuellen Kapitalmarkt üblichen Rahmen nach einer tatrichterlichen Würdigung einhält. Bei einem Disagio, das mit einem Kreditinstitut wie unter fremden Dritten abgeschlossen wird, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass es marktüblich ist. Diese Vermutung kann durch besondere Umstände widerlegt werden, z. B. durch eine atypische Gestaltung des Darlehensvertrags.
Ein marktübliches Disagio ist bei seiner Einbehaltung im Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens in voller Höhe als Betriebsausgabe anzusetzen. Bei einem nicht marktüblichen Disagio ist der darüberhinausgehende Disagiobetrag über den Zinsfestschreibungszeitraum oder die Laufzeit des Darlehens zu verteilen.
3.2 Enger zeitlicher Zusammenhang
Da ein Disagio als Nutzungsentgelt für ein Darlehen zu betrachten ist, wird es in der Regel bei Auszahlung des Darlehens fällig. Eine vorzeitige Zahlung eines Disagios von mehr als 3 Monaten kann daher aus Gründen geschehen, die nicht wirtschaftlich motiviert sind und somit als Gestaltungsmissbrauch angesehen werden können.
Disagiovereinbarung zur Steuergestaltung
Ein Arzt hat ein größeres medizinisches Gerät erworben, das im Januar 02 geliefert und bezahlt wurde. Die Finanzierung erfolgt durch ein Darlehen bei seiner Bank. Da der Gewinn im Jahr 01 außerordentlich hoch war, vereinbarte er mit seiner Bank, das Disagio bereits im November 01 zu überweisen, um mit dieser Betriebsausgabe das Ergebnis in 01 zu mindern.
In diesem Beispiel wurde das Disagio weniger als 3 Monate vor Auszahlung der Darlehensvaluta geleistet. Daher kann davon ausgegangen werden, dass ein wirtschaftlich vernünftiger Grund für das Vorziehen besteht. Somit ist das vorzeitig gezahlte Disagio im Jahr der Zahlung (Jahr 01) in voller Höhe abziehbar.
Wird das Disagio jedoch mehr als 3 Monate vor Auszahlung der Darlehensvaluta oder eines Teilbetrags von mindestens 30 % der Darlehensvaluta gezahlt, kann es steuerrechtlich erst zum Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens als Betriebsausgabe berücksichtigt werden (Vermeidung des Gestaltungsmissbrauchs).