Leitsatz
Die Aushändigung der Versicherungsbestätigung (Doppelkarte) an einen VN, der einen einheitlichen Antrag auf Abschluss einer Kfz-Haftpflicht- und einer Fahrzeugversicherung gestellt hat, ist nur dann nicht als uneingeschränkte Annahme des Antrags auf vorläufigen Deckungsschutz zu verstehen, wenn der Versicherer dem VN durch einen an ihn gerichteten Hinweis unmissverständlich klargemacht hat, dass entgegen seinem Wunsch nach Kaskoversicherungsschutz vorläufig nur das Haftpflichtrisiko gedeckt ist.
Normenkette
§ 1 Nr. 2 AKB
Sachverhalt
Der Kl. nahm die Bekl. als Kaskoversicherer auf Ersatz des Wiederbeschaffungswertes für einen geleasten Pkw BMW in Anspruch, der am 24.08.1996 gestohlen worden sei. Der Pkw wurde am 12.08.1996 über die BMW-Niederlassung unter Verwendung einer Blankoversicherungsbestätigung/Doppelkarte zugelassen. Deren Agent S. hatte dem Kl. einige Wochen vorher auf tel. Anforderung mit Schreiben vom 31.07.1996 Blankodoppelkarten überlassen. Sie enthielten auf der Vorderseite den Hinweis, dass die Versicherungsbestätigung nur für die beantragte Kfz-Haftpflichtversicherung als Zusage einer vorläufigen Deckung gelte und vorläufige Deckung für Fahrzeuge bis 100.000 DM Gesamtneuwert und einem Alter bis vier Jahre nur bestehe, wenn in der (auf der Rückseite befindlichen) Zeile "Vermerk des Versicherers zum Versicherungsvertrag" ein entsprechendes Kästchen angekreuzt sei. In der verwendeten Doppelkarte war kein Kästchen angekreuzt.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Kl. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Entscheidung
Aus den Gründen: I. Wie der BGH ausführt, hat das Berufungsgericht (BG) übereinstimmend mit dem LG in der Aushändigung der Versicherungsbestätigung keine vorläufige Deckungszusage in der Kaskoversicherung gesehen, weil die Bekl. durch den Hinweis auf der Doppelkarte deutlich zum Ausdruck gebracht habe, dass vorläufiger Kaskoversicherungsschutz nur bestehe, wenn ein entsprechendes Kästchen angekreuzt sei. Da eine Deckungszusage durch den Agenten S. unstreitig nicht erfolgt sei, könnte ein Anspruch des Kl. allenfalls aus einer Pflichtverletzung des Agenten S. anlässlich der Übersendung der angeforderten Doppelkarte erfolgen. Dass er die Doppelkarte unausgefüllt übersandt habe, sei aber nicht pflichtwidrig gewesen. Wegen Undeutlichkeit der Angaben in der Zeile "Vermerke des Versicherers" käme wohl eine Haftung der Bekl. aus vorläufiger Deckung auch ohne einen gleichzeitig gestellten Versicherungsantrag in Betracht, wenn ein Kästchen angekreuzt gewesen wäre. Hier enthalte die Doppelkarte aber zu Recht kein Kreuz, weil ein Versicherungsantrag noch nicht verbindlich und schriftlich gestellt gewesen sei.
II. Dieser Beurteilung des BG ist der BGH im entscheidenden Punkt nicht gefolgt.
1. Der BGH führte aus, die Aushändigung der Versicherungsbestätigung an einen VN, der einen einheitlichen Antrag auf Abschluss einer Haftpflicht- und einer Fahrzeugversicherung gestellt habe, führe nach ständiger Rechtsprechung des BGH, wie die Vorinstanzen richtig gesehen hätten, regelmäßig dazu, dass der Versicherer auch zur Gewährung vorläufigen Deckungsschutzes in der Fahrzeugversicherung verpflichtet sei, wenn er nicht deutlich darauf hinweise, dass vorläufige Deckung nur in der Haftpflichtversicherung gewährt werde. Dies beruhe darauf, dass ein derartiges Vorgehen des Versicherers in dem VN nach Treu und Glauben und der Verkehrsauffassung (§ 133 BGB, § 157 BGB) die Vorstellung erwecke, der Versicherer behandele die kombinierten Versicherungen im Stadium vorläufigen Deckungsschutzes einheitlich, solange dem VN nichts Gegenteiliges erklärt werde. Die Rechtsprechung habe hiermit für den Tatbestand, dass ein VN Versicherungsschutz beantragt habe und ihm daraufhin ohne einschränkenden Hinweis die Doppelkarte ausgestellt worden sei, eine Auslegungsregel für ein individuelles Verhalten der Vertragsparteien entwickelt. Unter diesen Umständen sei die Aushändigung der Versicherungsbestätigung als uneingeschränkte Annahme des Antrags auf vorläufigen Deckungsschutz aufzufassen.
a) Die Anwendung dieser Auslegungsregel setze nicht voraus, dass im Zeitpunkt der Aushändigung der Versicherungsbestätigung bereits ein verbindlicher schriftlicher Antrag auf Abschluss des Hauptvertrags gestellt ist. Mit einer vorläufigen Deckungszusage des Versicherers werde ein vom eigentlichen Versicherungsvertrag losgelöster, rechtlich selbstständiger Versicherungsvertrag begründet, der schon vor dem Beginn eines endgültigen Versicherungsvertrags und unabhängig von ihm einen Anspruch auf Versicherungsschutz entstehen lasse. Für die Leistungspflicht des Versicherers aus der vorläufigen Deckungszusage sei es daher regelmäßig ohne Bedeutung, ob der endgültige Versicherungsvertrag zustande komme oder mangels eines Antrags nicht zustande komme.
Mit der vorläufigen Deckung soll dem VN der endgültig gewünschte Versicherungsschutz schon für die Übergangszeit bis zur Entscheidung über die Annahme des Antrags auf Absch...