Leitsatz
1. Bauliche Maßnahmen, die der Vermieter aufgrund einer behördlichen Anordnung oder gesetzlichen Verpflichtung durchzuführen hat, fallen nicht unter § 554 Abs. 2 BGB und unterliegen deshalb auch nicht den in § 554 Abs. 3 BGB dem Vermieter auferlegten Mitteilungspflichten. Derartige Maßnahmen muss der Mieter vielmehr nach § 242 BGB dulden.
2. Auch derartige Maßnahmen sind, soweit es sich nicht um Notmaßnahmen handelt, vom Vermieter vorher anzukündigen, sodass sich der Mieter nach Möglichkeit darauf einstellen kann. Der Mieter ist nach Treu und Glauben verpflichtet, an einer alsbaldigen Terminabstimmung mitzuwirken.
(amtliche Leitsätze des BGH)
3. Der Inhalt der Ankündigung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, der Dringlichkeit und dem Umfang der Maßnahme.
(Leitsatz der Redaktion)
Normenkette
BGB §§ 242, 554 Abs. 3
Kommentar
Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über eine im 1. OG eines Mehrfamilienhauses gelegene Wohnung. Im April 2005 stellte der Bezirksschornsteinfeger fest, dass der in der Wohnung im 2. OG befindliche Gaseinzelofen den zulässigen Abgasgrenzwert überschreitet. Das Umweltamt des Landkreises forderte den Vermieter unter Bußgeldandrohung auf, für Abhilfe zu sorgen.
Der Vermieter entschloss sich zum Einbau einer Zentralheizung. Zum Anschluss der Wohnung im 2. OG an die Zentralheizung mussten Heizungsrohre von der EG-Wohnung durch die Wohnung im 1. OG geführt werden. Der Vermieter hat den Mieter der Wohnung im 1. OG mehrmals aufgefordert, den Handwerkern zu diesem Zweck den Zutritt zur Wohnung zu gewähren. Dies hat der Mieter der Wohnung im 1. OG abgelehnt.
Eine Klage auf Duldung der Maßnahmen wurde vom Berufungsgericht abgewiesen: Die diversen Aufforderungsschreiben des Vermieters entsprächen nicht den Anforderungen des § 554 Abs. 3 BGB.
Der BGH hat den Mieter zur Duldung verurteilt. Die Mitteilungspflicht in § 554 Abs. 3 BGB gilt nur für die in § 554 Abs. 2 BGB genannten Modernisierungsarbeiten. Hiervon sind solche Maßnahmen zu unterscheiden, die der Vermieter aufgrund einer behördlichen Anordnung oder gesetzlichen Verpflichtung durchzuführen hat. Diese Maßnahmen sind vom Mieter nach § 242 BGB zu dulden (Blank/Börstinghaus, Miete, § 554 BGB Rdn. 1; Bieber in: MüKomm, § 554 BGB Rdn. 6; Emmerich in: Staudinger (2006), § 554 BGB Rdn. 2; Sternel, NZM 2001, 1058, 1060). Diese Rechtsfolge beruht auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, der sicherstellen wollte, dass die genannten Maßnahmen nicht am Widerstand der Mieter scheitern.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Vermieter die behördlich oder gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen ohne Weiteres durchführen kann. Vielmehr muss der Vermieter die Maßnahme auch in diesen Fällen nach § 242 BGB ankündigen, damit sich der Mieter darauf einstellen kann. Der Inhalt dieser Ankündigung richtet sich allerdings nicht nach § 554 Abs. 3 BGB, sondern "nach den Umständen des Einzelfalls, der Dringlichkeit und dem Umfang der Maßnahme". Der Mieter ist seinerseits gehalten, an einer Terminabstimmung mitzuwirken.
In dem zur Entscheidung stehenden Fall hat der Vermieter dem Mieter einen Grundriss übersandt, aus dem sich ergab, wo die Boden- und Deckendurchbrüche durchgeführt werden sollten. Außerdem wurde dem Mieter die Möglichkeit eingeräumt, selbst einen Termin für die Durchführung der Bauarbeiten zu benennen. Der BGH stellt hierzu fest, dass jedenfalls diese Form der Ankündigung ausreicht.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 04.03.2009, VIII ZR 110/08BGH, Versäumnisurteil v. 4.3.2009, VIII ZR 110/08, NJW 2009, 1736 m. Anm. Theesfeld, jurisPR-MietR 11/2009 Anm. 3