Leitsatz
Die Rechtsprechung des BGH formuliert hohe Anforderungen an eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB. Zweck dessen ist vor allem die Verhinderung einer doppelten Vaterschaft wegen fehlender Aufhebung der ersten und Begründung einer zweiten rechtlichen Vaterschaft.
Der BGH hat in seiner neueren Rechtsprechung Ausnahmen von der Rechtsausübungssperre zugelassen (BGH, Urt. v. 9.11.2011 - XII ZR 136/09).
Auch in dieser Entscheidung befasst sich der BGH mit der Durchbrechung der Rechtsausübungssperre.
Sachverhalt
Der Kläger machte gegen den Beklagten als potentiellen biologischen Vater Regressansprüche für geleisteten Unterhalt geltend. Er war der rechtliche Vater des während seiner Ehe geborenen Kindes. Nach der ehelichen Geburt des Sohnes im Jahre 1974 erfuhr der Kläger im September 2003, dass der Beklagte der leibliche Vater des Kindes sein solle. Auf Antrag des Klägers stellte das Familiengericht im Jahre 2004 rechtskräftig fest, dass der Beklagte leiblicher Vater des Kindes sei. Ein später eingeleitetes Vaterschaftsanfechtungsverfahren des Klägers gegen das Kind ist wegen Versäumung der Anfechtungsfrist gerichtlich abgewiesen worden.
Das AG hat die Klage hinsichtlich der Regressansprüche für geleisteten Unterhalt zurückgewiesen. Das OLG hat das Urteil aufgehoben und an das AG zurückverwiesen.
Hiergegen richtete sich wiederum die Revision des Beklagten, mit der er die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückweisung der Berufung begehrte.
Die Revision führte zur Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidung
Der BGH vertrat die Auffassung, dem Kläger stehe ein Anspruch aus § 1607 Abs. 3 S. 2 BGB nicht zu. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift lägen nicht vor, weil er ggü. seinem Kind die Unterhaltszahlungen nicht als "Dritter" im Sinne der Vorschrift, sondern als rechtlicher und mithin unterhaltspflichtiger Vater erbracht habe. Das Feststellungsurteil aus dem Jahre 2004 sei nicht in einem Statusverfahren ergangen, zumal die Klage gegen das Kind zu richten gewesen wäre und lasse den Status als eheliches Kind unberührt.
Die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB sei von Amts wegen zu beachten und schließe grundsätzlich eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft im Regressprozess aus.
Ein Ausnahmefall, wie der Senat in der Entscheidung vom 16.4.2008 anerkannt habe (FamRZ 2008, 1424), liege nicht vor. Ohne wirksame Anerkennung gelte die rechtliche Vaterschaft für und gegen alle und somit auch im Verhältnis zum mutmaßlichen Erzeuger.
Die Abstammungsregelungen sollten eine doppelte Vaterschaft vermeiden. Weiche die inzidente Vaterschaftsfeststellung von der rechtlichen Zuordnung ab, laufe dies auf eine doppelte Vaterschaft hinaus.
In den bisher von der Rechtsprechung zugelassenen Ausnahmefällen könne eine solche doppelte Vaterschaft nicht entstehen, weil die rechtliche Vaterschaft zuvor wirksam angefochten worden sei. Die Durchbrechung der Rechtsausübungssperre setze die vorherige wirksame Anfechtung einer dem widersprechenden Vaterschaft voraus.
Bereicherungsansprüche des Klägers scheiterten daran, dass er als rechtlicher Vater mit Rechtsgrund den Unterhalt erbracht habe.
Hinweis
Mit dieser Entscheidung bestätigt der BGH seine bisherige Rechtsprechung zur Durchbrechung der Rechtsausübungssperre und grenzt diese durch das Erfordernis der vorherigen Vaterschaftsanfechtung klar ab.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 11.01.2012, XII ZR 194/09