Leitsatz
Vereinbaren die Parteien in einem Ehevertrag den Ausschluss des Versorgungsausgleichs und wird der Ehescheidungsantrag nach Ablauf eines Jahres nach Vertragsschluss eingereicht, liegt ein schwerer, die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung rechtfertigender Verfahrensmangel vor, wenn das Gericht den Versorgungsausgleich entgegen der Vereinbarung der Parteien durchführt und von einer Begründung hierfür absieht.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Jahre 1997 geheiratet. Aus ihrer Ehe war ein im Jahre 1998 geborenes minderjähriges Kind hervorgegangen. Seit September 2002 lebten sie voneinander getrennt. Der durch die Ehefrau gestellte Ehescheidungsantrag war dem Ehemann am 11.10.2003 zugestellt worden. Anlässlich der Eheschließung hatten die Eheleute am 03.04.1997 eine notarielle Vereinbarung geschlossen, deren § 2 wie folgt lautet: Ein Versorgungsausgleich wird ausgeschlossen.
Das Amtsgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 06.09.2004 den Parteien seine Auffassung von der Unwirksamkeit der Vereinbarung zum Versorgungsausgleich in der notariellen Vereinbarung mitgeteilt. Nachfolgend hat es mit dem am selben Tage verkündeten Urteil die Scheidung der Ehe ausgesprochen und zugleich den Versorgungsausgleich auf der Grundlage der eingeholten Auskünfte durchgeführt.
Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich hat der Antragsgegner befristete Beschwerde eingelegt und die Auffassung vertreten, der Versorgungsausgleich sei aufgrund der in der notariellen Vereinbarung getroffenen Regelung ausgeschlossen.
Ein Rechtsmittel hatte insoweit Erfolg, als die angefochtene Entscheidung aufgehoben und das Verfahren an das Amtsgericht zurückverwiesen wurde. Dies mit der Begründung, die amtsgerichtliche Entscheidung zum Versorgungsausgleich leide an schweren Verfahrensmängeln, die die Aufhebung und Zurückverweisung gebieten.
Entscheidung
In seiner Entscheidung führte das Beschwerdegericht aus, das Amtsgericht habe in eklatanter Weise gegen seine aus § 313 Abs. 1 Nr. 6 ZPO folgende Pflicht zur Begründung des Urteils verstoßen, soweit dies die Regelung des Versorgungsausgleichs betrifft. Verstöße gegen die Begründungspflichten in FGG-Familiensachen (§ 621a Abs. 1 S. 1 ZPO) führen im allgemeinen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Verfahrens, soweit die Grundlagen der Entscheidung nicht erkennbar sind.
Der Begründungsverstoß liegt nach Auffassung des Beschwerdegerichts in dem Unterlassen der Mitteilung von Gründen darüber, warum der Versorgungsausgleich entgegen der in der notariellen Vereinbarung getroffenen Regelung gleichwohl durchzuführen ist. Es sei allgemein anerkannt, dass erstinstanzliche Entscheidungen so zu begründen sind, dass der Beschwerdeführer die erstinstanzliche Entscheidung überprüfen und sein Rechtsmittel begründen kann. Fehle es in der Entscheidungsbegründung an jeglichen Ausführungen zu der für die Entscheidungsfindung wesentlichen Punkten, liege ein schwerer Verfahrensmangel vor.
Bei der Wirksamkeit des notariell vereinbarten Ausschlusses des Versorgungsausgleichs handelt es sich um einen für die Entscheidungsfindung wesentlichen Punkt. Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist mit erheblichen Folgen verbunden. Die Annahme der Unwirksamkeit einer solchen, nach § 1408 Abs. 2 BGB grundsätzlich zulässigen Vereinbarung stellt einen erheblichen Eingriff in die Privatautonomie dar. Dies gilt erst recht unter Berücksichtigung dessen, dass die mögliche Unwirksamkeit einen absoluten Ausnahmefall darstellt. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen kann die Unwirksamkeit notariell geschlossener Verträge in Betracht kommen.
Unabhängig von der mangelnden Begründung habe - so das Beschwerdegericht in seiner Entscheidung - das Amtsgericht auch gegen seine Amtsermittlungspflicht gem. § 12 FGG verstoßen. Danach hat das Gericht die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen zu veranlassen und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen. Die Ermittlungspflichten aus § 12 FGG betreffen sämtliche Umstände, die die Höhe und Art des Versorgungsausgleichs betreffen können. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587c BGB in Frage steht. Liegen konkrete Anhaltspunkte für einen solchen Ausschluss vor, hat das Gericht dem im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nachzugehen. Nichts anderes gilt für den umgekehrten Fall, wenn das Gericht einen Individualausschluss zu prüfen hat. Seiner Amtsermittlungspflicht ist das Amtsgericht nicht ausreichend nachgekommen.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 08.02.2005, 9 UF 240/04