Detlef Burhoff, Annika Hirsch
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Die Einstellung nach § 154a verfolgt ebenso wie die Einstellung nach § 154 das Ziel der Verfahrensbeschleunigung und -vereinfachung. |
2. |
Voraussetzung für eine Einstellung nach § 154a ist, dass abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen entweder für die zu erwartende Strafe (§ 154a Abs. 1 S. 1 Nr. 1) oder neben einer bereits rechtskräftig verhängten Strafe (§ 154a Abs. 1 S. 1 Nr. 2) nicht beträchtlich ins Gewicht fallen oder durch die Einstellung eine unangemessen lange Verfahrensdauer vermieden werden soll. |
3. |
Eingestellt werden kann durch das Gericht in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in der HV. |
4. |
Das Gericht entscheidet in der HV durch Beschluss. |
5. |
Das Gericht kann nach § 154a Abs. 3 das Ausgeschiedene in jeder Lage des Verfahrens wieder in das Verfahren einbeziehen. |
Rdn 1697
Literaturhinweise:
Beulke/Stoffer, Die strafschärfende Berücksichtigung von nach §§ 154, 154a StPO ausgeschiedenem Prozessstoff, Zum Spannungsfeld zwischen Entformalisierung und schützenden Formen im Strafprozess anlässlich BGH, Beschl. v. 29.6.2010, 1 StR 157/10, StV 2011, 442
Klein/Koll, Keine unbeschränkte Wiederaufnahme staatsanwaltschaftlich eingestellter Verfahren nach § 154 Abs. 1 StPO, StraFo 2011, 78
Möllmann/Lorenzen, § 154a StPO – Mittel effizienter Ermittlungen?, wistra 2018, 331
Sander, Verteidigung gegen die Berücksichtigung verjährter und ausgeschiedener Taten oder Tatteile bei der Strafzumessung, StraFo 2004, 47
Stuckenberg, Strafschärfende Verwertung früherer Einstellungen und Freisprüche – doch ein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung, StV 2007, 655
Willsch, Die Zulassung der privilegierten Zwangsvollstreckung gemäß § 111g Abs. 2 StPO nach Anwendung der §§ 154, 154a StPO, wistra 2013, 9
s.a. die Hinw. bei → Einstellung des Verfahrens, Allgemeines, Teil E Rdn 1642, und bei → Einstellung des Verfahrens nach § 153 wegen Geringfügigkeit, Teil E Rdn 1646.
Rdn 1698
1. Die Einstellung nach § 154a verfolgt ebenso wie die Einstellung nach § 154 das Ziel der Verfahrensbeschleunigung und -vereinfachung (zur Einstellung nach § 154 → Einstellung des Verfahrens nach § 154 bei Mehrfachtätern, Teil E Rdn 1679).
Rdn 1699
2. Voraussetzung für eine Einstellung nach § 154a ist, dass abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen entweder für die zu erwartende Strafe (§ 154a Abs. 1 S. 1 Nr. 1) oder neben einer bereits rechtskräftig verhängten Strafe (§ 154a Abs. 1 S. 1 Nr. 2) nicht beträchtlich ins Gewicht fallen oder durch die Einstellung eine unangemessen lange Verfahrensdauer vermieden werden soll (§ 154a Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 154 Abs. 1 Nr. 2; Einzelh. Meyer-Goßner/Schmitt, § 154a Rn 5 ff. und die entsprechend geltenden Ausführungen bei → Einstellung des Verfahrens nach § 154 bei Mehrfachtätern, Teil E Rdn 1679).
Rdn 1700
3. Eingestellt werden kann durch das Gericht in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in der HV (zur Einstellung nach § 154a im EV Burhoff, EV, Rn 2210 ff.). Nach § 154a Abs. 2 ist nur die Zustimmung der StA erforderlich, nicht die des Angeklagten. Dieser wird nur gehört. Auch die Zustimmung des Nebenklägers ist nicht erforderlich (→ Einstellung des Verfahrens nach § 153a nach Erfüllung von Auflagen und Weisungen, Teil E Rdn 1657). Dessen Anschlussrecht wird allerdings gem. § 395 Abs. 4 durch die Beschränkung nach § 154a nicht berührt.
Rdn 1701
4.a) Das Gericht entscheidet in der HV durch Beschluss, und zwar spätestens zusammen mit der → Urteilsverkündung, Teil U Rdn 3315 (BGH NStZ 1996, 324 [K]). Der Beschluss braucht i.d.R. keine Kosten- und Auslagenentscheidung zu enthalten, da es sich nur um eine vorläufige Entscheidung handelt (st.Rspr. seit BGHSt 22, 105 f.; s.a. BGH StV 1993, 135 [Ls.]; KK/Diemer, § 154a Rn 16; LR-Mavany, § 154a Rn 29). Einer Kostenentscheidung bedarf der gerichtliche Beschluss nur dann, wenn er das Verfahren tatsächlich insgesamt beendet (BGH StraFo 2016, 346 [Revisionsverfahren; OLG Frankfurt am Main MDR 1982, 1042). Bei der (abschließenden) Kostenentscheidung wird dann § 465 entsprechend angewendet.
Rdn 1702
b) Der gerichtliche Beschluss nach § 154a ist grds. nicht anfechtbar (Meyer-Goßner/Schmitt, § 154a Rn 23; → Einstellung des Verfahrens nach § 154 bei Mehrfachtätern, Teil E Rdn 1679; wegen der Rechtsmittel die Rechtsmittel-Tabelle bei Burhoff, EV, Rn 2268).
Rdn 1703
5.a) Das Gericht kann nach § 154a Abs. 3 das Ausgeschiedene in jeder Lage des Verfahrens wieder in das Verfahren einbeziehen (Sander StraFo 2004, 47; krit. – zu § 154 – Klein/Koll StraFo 2011, 78). Die ausdrückliche Wiedereinbeziehung ist erforderlich, wenn es ausgeschiedene Taten oder Tatteile bei der Beweiswürdigung oder bei der Strafzumessung berücksichtigen will (dazu im Einzelnen bei → Einstellung des Verfahrens nach § 154 bei Mehrfachtätern, Teil E Rdn 1679 ff.; die dortigen Rspr.-Nachw. gelten entsprechend).
☆ Der ausgeschiedene Verfahrensstoff kann ggf. bei der Strafzumessung berücksichtigt werden, wenn er prozessordnun...