1.1 Wohnungszuweisungsverfahren
Auf Antrag kann das Gericht die eheliche Wohnung unter gewissen Voraussetzungen einem der Ehegatten zuweisen, was
- in § 1361b BGB geregelt ist für die Zeit bis zur Rechtskraft der Scheidung
- in § 1568a BGB geregelt ist für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung.
Ist die Zuweisung erfolgt, so ergibt sich daraus kein Verbot des anderen Ehegatten, Verfügungen über das Grundeigentum vorzunehmen.
Beispiel:
Die Eheleute Müller, im Güterstand der Gütertrennung lebend, sind zu je ½ Miteigentümer des Familienheimes. Nach heftigem Streit, während dessen es auch zu Gewalttätigkeiten kommt, erwirkt Frau Müller eine gerichtliche Entscheidung, durch die ihr die eheliche Wohnung zugewiesen wird. Herr Müller beantragt die Teilungsversteigerung.
Die Zuweisungsentscheidung verbietet es Herrn Müller nicht, diesen Antrag zu stellen.
Um die Einleitung des Teilungsversteigerungsverfahren in dieser Situation zu verhindern, sollte im Rahmen des Wohnungszuweisungsverfahrens ergänzend beantragt werden, es dem Gegner zu untersagen, das Verfahren auf Teilungsversteigerung zu betreiben. Dieser Antrag ist zulässig, weil es gestattet ist, vom Gegner zu verlangen alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Ausübung des Nutzungsrechtes zu erschweren oder zu vereiteln. Hat das Gericht in diesem Sinne entschieden und betreibt der Gegner dennoch das Teilungsversteigerungsverfahren, so kann Widerspruch dagegen eingelegt und damit die Durchführung des Versteigerungsverfahrens verhindert werden.
1.2 Gemeinschaftsrecht
Miteigentümer einer Immobilie bilden eine Gemeinschaft i.S.d §§ 741 ff. BGB, unabhängig davon, ob sie verheiratet sind. Grundsätzlich kann jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangt werden, § 749 Abs. 1 BGB, es sei denn, es sei anderes vereinbart.
Brudermüller (FamRZ 1996, 1516) vertritt die Ansicht, zwischen Eheleuten läge keine andersartige Vereinbarung vor, Eheleute könnten deshalb unter dem Gesichtspunkt des Gemeinschaftsrechtes jederzeit, auch während der intakten Ehe, die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen.
Nach a.A. ist im Rahmen der intakten Ehe von einem stillschweigend vereinbarten Ausschluss des Rechtes auf Aufhebung der Gemeinschaft auszugehen (Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, Kap. 5 Rn. 54).
Wird von einer solchen stillschweigenden Vereinbarung ausgegangen, so kann die Aufhebung der Gemeinschaft erst verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Zur Frage des wichtigen Grundes:
- Ob eine der beiden Seiten in irgendeiner Weise schuldhaft die Ehe in eine Schieflage gebracht hat oder die Trennung herbeiführte, hat unberücksichtigt zu bleiben, da es betreffend die Frage der Scheidung keine Verschuldensprüfung gibt.
- Ist die Ehe geschieden, so ist in jedem Fall von keiner Vereinbarung mehr auszugehen, weiter die Gemeinschaft beizubehalten. Ab diesem Zeitpunkt kann die Aufhebung verlangt werden.
- Aber schon ab dem tatsächlichen Scheitern der Ehe kann aus Sicht des Gemeinschaftsrechtes die Aufhebung verlangt werden. Ab diesem Zeitpunkt ist keine Nutzung wie ehedem beabsichtigt mehr möglich.
Beachte: Die (fragwürdige) Vereinbarung eines verfrühten Trennungszeitpunktes kann sich problematisch auswirken.
Beispiel:
Frau und Herr Meister leben im Güterstand der Gütertrennung und sind zu je ½ Miteigentümer eines Hauses, in dem sie auch leben. Sie haben sich auseinander gelebt, halten es aber nebeneinander aus. Als keine Besserung mehr zu erwarten ist, zieht Herr Meister aus. Die zunächst gehegte Hoffnung, die Distanz werde ihnen gut tun, zerschlägt sich. Alsbald ist ihnen klar: Wir wollen geschieden sein. Obwohl die räumliche Trennung selber erst zwei Monate her ist, stellen sie den Scheidungsantrag, tragen vor, sich innerhalb der ehelichen Wohnung bereits lange vorher getrennt zu haben. Was mit dem Haus passieren soll, ist noch unklar. Frau Meister erwägt die Übernahme, die Parteien sind aber wegen des Preises nicht einig.
Wegen des Versorgungsausgleichs zieht sich das Scheidungsverfahren. Dennoch kann Herr Meister Druck ausüben, weil durch den übereinstimmenden Vortrag im Scheidungsverfahren das Scheitern der Ehe feststeht. Betreffend die Immobilie hat sich Frau Meister unnötig durch zudem voraussichtlich auch noch falschen Sachvortrag in die zeitliche Enge begeben.
1.3 § 1353 BGB
Brudermüller (FamRZ 1996, 1516) hat sich der Frage zugewendet, inwieweit im Hinblick auf die Frage der ehelichen Rücksichtnahmepflicht aus § 1353 BGB materiell-rechtlich der Einwand erhoben werden kann, die Aufhebung der Gemeinschaft am Haus könne nicht verlangt werden. Eine Billigkeitsprüfung ist vorzunehmen.
- Die eheliche Treuepflicht endet, soweit es um die Frage geht, ob die Aufhebung der Gemeinschaft verlangt werden kann, nicht erst mit dem Scheitern der Ehe oder gar der Rechtskraft einer Scheidung.
- Im Haus lebende Kinder lassen den Zeitpunkt eher nach hinten rücken, auf deren Belange ist besonders Rücksicht zu nehmen.
- Psychische oder physische Angeschlagenheit eines Ehegatten kann den Teilungsversteigerungsantrag im Hinblick auf die eheliche Rück...