Leitsatz

Eine umstrittene Rechtsprechung vergällt Bankkunden die Freude an Geldautomaten: Hebt ein Straftäter kurz nach dem Diebstahl einer EC-Karte mit korrekter Geheimnummer Geld vom Konto des bestohlenen Bankkunden ab, trägt der Kunde die Beweispflicht dafür, dass das Verschlüsselungs-System seines Geldinstituts versagt hat.

 

Sachverhalt

Kann der Bankkunde keinen Beweis dafür antreten, dass das Verschlüsselungs-System der Bank einem Hacker zum Opfer fiel, ist die Bank nicht in der Haftung, sondern es wird unterstellt, das er seine PIN nicht ordentlich aufbewahrt hat. Die Richter folgten früheren Entscheidungen, bei denen Bankkunden das Nachsehen hatten, z. B. Verfahren beim Münchner AG und LG. Hier machte der Kläger geltend, dass er vom Dieb bei der Abhebung ausgespäht worden sei.

Dies wies das Gericht als unglaubwürdig zurück. Es sei viel mehr davon auszugehen, dass der Mann die Geheimzahl mit der Karte zusammen aufbewahrt habe und sich damit grob fahrlässig verhalten habe. Die bankfreundliche Rechtsauslegung argumentiert, dass die bestohlenen Kunden, wenn kurz nach dem Verlust der Karte abgehoben wurde, wohl allzu sorglos mit Karte und PIN umgegangen sind. Denn es sei praktisch unmöglich, innerhalb kurzer Zeit ohne Mithilfe der Bestohlenen an die Geheimnummer heranzukommen.

Der Entscheidung lag die Klage einer Verbraucherschutz-Zentrale zugrunde. Diese hatte sich die Ansprüche von zwölf Kunden der beklagten Bank abtreten lassen. Allesamt hatten argumentiert, Dritte hätten ihre gestohlene EC-Karte dazu missbraucht, kurz nach dem Diebstahl unberechtigte Bargeldabhebungen vorzunehmen. Das war nach Meinung der Kunden nur möglich, weil es dem oder den Tätern gelang, das PIN-System ihres Geldinstituts zu überlisten.

Rückendeckung bekam die Bank von einem Sachverständigen-Gutachten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), das sich der Auffassung der beklagten Bank anschloss. Es sei zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass fachkundige Täter bestimmte PIN-Systeme knacken können. Aber von einem regelrechten Sicherheitsmangel sei nicht auszugehen.

Die Richter argumentierten mit dem Beweis des ersten Anscheins, aus dem folgt, dass die bestohlenen Karteninhaber die PIN entweder auf der EC-Karte notiert oder aber gemeinsam mit dieser aufbewahrt hätten. Um den Anscheinsbeweis zu entkräften, hätten die Karteninhaber beweisen müssen, nicht zur missbräuchlichen Verwendung der EC-Karte beigetragen zu haben.

 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 30.01.2008, 23 U 38/05

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