OFD Koblenz, Verfügung v. 21.1.2003, S 2263 A – St 32 3

 

1. Allgemeines

Der Bundesrechnungshof (BRH) hat die Einkommensteuerfestsetzung in Fällen der getrennten Veranlagung gemäß § 26a EStG in den neuen Bundesländern geprüft und festgestellt, dass die eingesehenen Fälle in jedem FA bis auf wenige Ausnahmen zu beanstanden waren.

Er hat darum gebeten, Maßnahmen zu ergreifen, um die hohe Zahl der Fehler bei den getrennten Veranlagungen zu senken.

Wegen der Gleichartigkeit der beanstandeten Mängel in allen geprüften Finanzämtern kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch in den Finanzämtern meines Geschäftsbereichs Bearbeitungsmängel vorliegen.

Um eine einheitliche Anwendung der gesetzlichen Vorschriften zu gewährleisten, nehme ich die Prüfungsfeststellungen des BRH zum Anlass, Sie auch künftig um die Beachtung folgender Grundsätze im Rahmen Ihrer Veranlagungsarbeiten zu bitten:

 

2. Vorbemerkung

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG steht Ehegatten, die beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, ein Wahlrecht hinsichtlich der Veranlagungsart zu. Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen der:

Da bei der getrennten Veranlagung die (Einkommensteuer-)Grundtabelle anzuwenden ist, bei der Zusammenveranlagung jedoch die Splittingtabelle, § 32a Abs. 5 EStG, führt die getrennte Veranlagung steuerlich im Allgemeinen zu einem ungünstigeren Ergebnis.

Dennoch kann in bestimmten Fällen die getrennte Veranlagung gegenüber der Zusammenveranlagung eine geringere steuerliche Belastung der Ehegatten ergeben. Dies ist der Fall, wenn die Ehegatten annähernd gleich hohe Einkünfte haben und sich bei getrennter Veranlagung für einen oder beide Ehegatten die Möglichkeit ergibt, bestimmte Höchstbeträge oder Freigrenzen auszunutzen, z.B. beim Vorwegabzug der Sonderausgaben (§ 10 Abs. 3 EStG), beim Verlustabzug (§ 10d EStG) oder beim Härteausgleich (§ 46 Abs. 3 EStG).

 

3. Voraussetzungen

Das Wahlrecht nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG besteht nur dann, wenn – unabhängig von der gewählten Veranlagungsart – sämtliche, nachstehend erläuterten Voraussetzungen erfüllt sind:

 

3.1 Rechtswirksame Ehe

Der Begriff der „Ehegatten” bestimmt sich entsprechend dem BFH-Urteil vom 21.6.1957, VI 115/55 U, BStBl 1957 III S. 300, nach dem Zivilrecht, d.h. nach dem Vierten Buch des BGB, §§ 1297 ff. BGB – Familienrecht.

Das in H 174 (Allgemeines) EStH 2001 zitierte Ehegesetz ist mit dem EheSchlRG vom 4.5.1998, BGBl 1998 I S. 833, in das Vierte Buch des BGB überführt worden.

Die mit dem LPartG vom 16.2.2001, BGBl 2001 I S. 266, vorgesehene Möglichkeit der Eintragung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften führt nicht zum Begriff von „Ehegatten”.

Bei ausländischen Steuerbürgern ist der Begriff der rechtswirksamen Ehe anhand des für den jeweiligen Ehegatten maßgeblichen ausländischen Rechts zu beurteilen, soweit dieses nicht gegen die guten Sitten oder den Zweck des deutschen Gesetzes verstoßen würde (BFH-Urteil vom 6.12.1985, VI R 56/82, BStBl 1986 II S. 390.

 

3.2 Nicht dauernd getrennt lebend

Ein dauerndes Getrenntleben ist anzunehmen, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nach dem Gesamtbild der Verhältnisse auf die Dauer nicht mehr besteht.

Dabei ist unter einer Lebensgemeinschaft die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten, und unter einer Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der die Ehegatten gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens zu verstehen (BFH-Urteil vom 15.6.1973, VI R 150/69, BStBl 1973 II S. 640).

Ob Eheleute in einem Veranlagungszeitraum dauernd getrennt leben, richtet sich nach dem BFH-Beschluss 7.12.2001, III B 129/01 zwar in erster Linie nach den äußeren, erkennbaren Umständen, wobei einer auf Dauer herbeigeführten räumlichen Trennung bei der Abwägung der für und gegen die Annahme eines dauernden Getrenntlebens sprechenden Merkmale regelmäßig eine besondere Bedeutung zukommt.

Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung misst jedoch die Rechtsprechung (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 13.12.1985, VI R 190/82, BStBl 1986 II S. 486) auch der inneren Einstellung zur ehelichen Lebensgemeinschaft entscheidungserhebliche Bedeutung zu.

Mit diesem Urteil vom 13.12.1985, VI R 190/82 hat der BFH weiter ausgeführt, dass die Begriffe des Getrenntlebens im Sinne des § 1567 BGB und des § 26 Abs. 1 EStG im Wesentlichen übereinstimmen. Ein Vergleich der Rechtsprechung zu den beiden Vorschriften zeige, dass die Voraussetzungen, unter denen nach § 1567 BGB von einem Getrenntleben auszugehen ist, strenger sind als nach § 26 EStG. So schließe ein Getrenntleben im Sinne des § 1567 BGB ein dauerndes Getrenntleben im Sinne des § 26 EStG i.d.R. mit ein.

Wenn die Ehegatten allerdings im Besteuerungsverfahren – zum Zwecke der Zusammenveranlagung – erklären, dass sie zu dem im Scheidungsprozess angegebenen Datum ihrer Trennung tatsächlich noc...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?