Sowohl für den Unterhaltsberechtigten als auch für den Unterhaltspflichtigen bestehen gewisse Obliegenheiten. So hat der Unterhaltsschuldner sich leistungsfähig zu halten während der Unterhaltsberechtigte gehalten ist, die Unterhaltslast so weit wie möglich zu reduzieren. Daraus folgt, dass beide Beteiligten ihre Arbeitskraft bestmöglich einsetzen müssen.
Oftmals werden in der Praxis Tätigkeiten ausgeübt, die (teilweise) über das unterhaltsrechtlich zumutbare Maß hinausgehen. In derartigen Fällen spricht man von überobligatorischen Tätigkeiten, die grundsätzlich jederzeit wieder reduziert oder gar ganz aufgegeben werden dürfen, ohne dass dieses unterhaltsrechtliche Konsequenzen nach sich zieht. In welcher Form Einkünfte aus einer überobligatorischen Tätigkeit berücksichtigt werden, ist dem Gesetz nur recht vage zu entnehmen. Für den Unterhaltsberechtigten gilt nach § 1577 Abs. 2 S. 2 BGB, dass derartige Einkünfte nur insoweit anzurechnen sind, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht. Die Vorschrift des § 1577 Abs. 2 S. 2 BGB gilt zwar originär im nachehelichen Unterhalt, sie wird von der Rechtsprechung aber auch beim Trennungsunterhalt angewendet. Auf Seiten des Unterhaltspflichtigen fehlt es an einer § 1577 Abs. 2 S. 2 BGB entsprechenden gesetzlichen Regelung. Es entspricht hingegen allgemeiner Auffassung, dass auf das Unterhaltsverhältnis als gesetzliches Schuldverhältnis die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) Anwendung finden und daran die Heranziehung des vom Unterhaltspflichtigen aus überobligatorischer Tätigkeit erzielten Einkommens zu messen ist, sodass auch beim Unterhaltspflichtigen dieselben Maßstäbe des § 1577 Abs. 2 S. 2 BGB gelten.
Im Zusammenhang mit überobligatorischen Einkünften sind folgende Fallgruppen besonders praxisrelevant:
2.2.1 Überobligatorische Tätigkeit wegen Kinderbetreuung
Eine unzumutbare Tätigkeit wegen der Betreuung von Kindern liegt unzweifelhaft vor, wenn das Kind das 3. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Aber auch bei der Betreuung älterer Kinder kann im Einzelfall eine unzumutbare Tätigkeit vorliegen, wenn trotz Fremdbetreuung des Kindes noch eine erhebliche persönliche Restbetreuung verbleibt. Eine überobligatorische Tätigkeit kann auch gegeben sein, wenn der Bedürftige ein behindertes Kind betreut.
Derartige überobligatorisch erzielte Einkommen können nicht völlig unberücksichtigt gelassen werden, vielmehr sind sie nach den Umständen des Einzelfalles anteilig zu berücksichtigen.
2.2.2 Berufstätigkeit über die Regelaltersgrenze hinaus
Eine nach Erreichen der Regelaltersgrenze für die gesetzliche Rente ausgeübte Erwerbstätigkeit ist sowohl für den Unterhaltsberechtigten als auch für den Unterhaltspflichtigen regelmäßig überobligatorisch. Hierfür ist es unerheblich, ob der Unterhaltspflichtige abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist. Nach Auffassung des BGH kommt es auch nicht darauf an, ob es in bestimmten Berufsgruppen üblich ist, über die Regelaltersgrenze hinaus zu arbeiten.
In welchem Umfang eine Anrechnung der hieraus erzielten Einkünfte erfolgt, beurteilt sich nach Treu und Glauben unter Billigkeitsgesichtspunkten nach den Umständen des Einzelfalls, wobei insbesondere das Alter, die körperliche und geistige Belastung, die ursprüngliche Lebensplanung sowie die Höhe der Altersvorsorge als Kriterien zu prüfen sind.
2.2.3 Einkünfte neben einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit
Im Rahmen des Ehegattenunterhaltes ist – anders als beim Kindesunterhalt – die neben einer bereits vollzeitigen Erwerbstätigkeit ausgeübte Neben- oder Zweittätigkeit grundsätzlich als unzumutbar anzusehen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Zusatzarbeiten bei bestimmten Berufsgruppen Bestandteil der Haupttätigkeit sind und sich der Beruf aus mehreren Tätigkeiten zusammensetzt. Beispiele hierfür sind Tätigkeiten als Arzt und Gutachter oder als Abgeordneter und Rechtsanwalt.
2.2.4 Einkünfte bei erkrankungsbedingten Einschränkungen
Einkünfte eines Unterhaltsbeteiligten können auch dann als ganz oder teilweise überobligatorisch zu bewerten sein, wenn eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, obwohl erkrankungsbedingte Einschränkungen einer Erwerbstätigkeit eigentlich entgegen stehen. Wer sich auf eine krankheitsbedingte Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit berufen will, muss Art und Umfang der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder vortragen und hat zudem darzulegen, inwieweit sich die behaupteten gesundheitlichen Störungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken.
Eine vorhandene Schwerbehinderung bedeutet nicht automatisch, dass eine vollschichtige Erwerbstätigkeit nicht möglich ist und erzielte Einkünfte aus einer überobligatorischen Tätigkeit stammen.
2.2.5 Corona-Sonderzahlungen und Energiepreispauschale
Nach § 3 Nr. 11a und Nr. 11b EStG konnten arbeitgeberseits zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn auf Grund der Corona-Krise in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Beihilfen und Unterstützungen bi...