Bei den §§ 1570 bis 1576 BGB handelt es sich um echte Anspruchsgrundlagen. Mehrere Unterhaltstatbestände können im Sinne echter Anspruchskonkurrenz nebeneinander zur Anwendung kommen. Ist der Unterhalt begehrende Ehegatte beispielweise nach der Ehescheidung teilweise wegen Kindesbetreuung an einer Erwerbstätigkeit gehindert, kann sich eine Unterhaltsberechtigung sowohl aus § 1570 BGB als auch aus § 1573 Abs. 2 BGB ergeben.
5.2.1 Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB
Der § 1570 BGB wurde durch das Änderungsgesetz, welches zum 1.1.2008 in Kraft getreten ist, grundlegend geändert.
Nach § 1570 Abs. 1 S. 1 BGB kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens 3 Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen (sogenannter Basisunterhalt). Gemäß den § 1570 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB verlängert sich die Dauer des Unterhaltsanspruchs, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht; dabei sind die Belange des Kindes und die Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (Unterhalt aus kindbezogenen Gründen). In § 1570 Abs. 2 BGB ist dann geregelt, dass die Dauer des Unterhaltsanspruchs sich darüber hinaus verlängert, wenn dies unter Berücksichtigung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (Unterhalt aus elternbezogenen Gründen).
5.2.1.1 Gemeinschaftliches Kind
Der den Unterhalt begehrende Ehegatte muss ein gemeinschaftliches Kind der Ehegatten betreuen. Dazu zählen die in der Ehe geborenen Kinder, ein Kind, dessen Vaterschaft anerkannt worden ist, ein Kind, für das die Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist und ein von beiden Ehegatten adoptiertes Kind.
Scheineheliche Kinder gehören so lange dazu, bis die Nichtehelichkeit gemäß § 1599 Abs. 1 BGB festgestellt worden ist.
Dagegen wird ein Anspruch gemäß § 1570 BGB nicht durch die Betreuung eines Kindes aus einer anderen Ehe, durch Pflegekinder oder durch ein Kind, welches erst nach der Scheidung geboren wird, begründet. Letzteres gilt selbst dann, wenn dieses Kind von dem geschiedenen Ehegatten abstammt – in einem derartigen Fall kommt ein Unterhaltsanspruch nach § 1615l BGB in Betracht.
5.2.1.2 Betreuung und Erziehung des Kindes
Der Ehegatte, der aus § 1570 BGB einen Unterhaltsanspruch herleiten will, muss das Kind auch tatsächlich betreuen und/oder erziehen. Dabei ist es unschädlich, wenn er sich zur Betreuung des Kindes zeitweise Dritter oder Kindesbetreuungseinrichtungen bedient, dies hat gegebenenfalls ausschließlich Auswirkung auf seine Erwerbsobliegenheit.
Ein Betreuungsbedürfnis besteht hingegen nicht, wenn das Kind dauerhaft fremd betreut wird, beispielsweise bei einer Heim- oder vollständigen Internatsunterbringung.
Der betreuende Ehegatte muss die Betreuung in rechtmäßiger Art und Weise ausüben; dies kann beispielsweise dann nicht der Fall sein, wenn eine entgegenstehende Sorgerechtsentscheidung eigentlich dem anderen Elternteil die Obhut des Kindes übertragen hat.
Der Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB ist auf das Residenzmodell und nicht auf das Wechselmodell ausgerichtet.
Wird ein echtes Wechselmodell praktiziert, können sich die Eltern jedenfalls bei Kindern, die das dritte Lebensjahr vollendet haben, in der Regel nicht auf ein Erwerbshindernis berufen. Für beide Elternteile besteht dann grundsätzlich die unterhaltsrechtliche Verpflichtung, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen.
5.2.1.3 Basisunterhalt
Während der ersten drei Lebensjahre des Kindes kann der betreuende Elternteil sich vollumfänglich auf die Betreuung des Kindes konzentrieren. Eine Erwerbsobliegenheit besteht in diesem Zeitraum nicht. Dies gilt auch in engen wirtschaftlichen Verhältnissen.
Übt der betreuende Elternteil in diesem Zeitraum trotzdem eine Erwerbstätigkeit aus, ist diese als überobligatorisch anzusehen und die daraus erzielten Einkünfte sind entweder überhaupt nicht oder jedenfalls nur teilweise bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen.
Umstritten ist, ob dieser Basisunterhalt auf die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes zu befristen ist. Dies wird teilweise bejaht, weil das Vorliegen der Billigkeitsgründe in § 1570 Abs. 1 S. 2 BGB erst bei Beginn dieses Zeitraums mit der notwendigen Sicherheit bejaht werden kann.
Die Rechtsprechung lehnt allerdings eine Befristung überwiegend ab. In der Regel sei nicht sicher vorherzusehen, ob und insbesondere in welchem Umfang der betreuende Ehegatte nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes eine Erwerbstätigkeit aufnehmen kann.
Wurde ein Unterhaltstitel aufgrund § 1570 Abs. 1 S. 1 BGB geschaffen und vollendet das zu betreuende Kind sein drittes Lebensjahr, so ist dieser Umstand durch den Unterhaltspflichtigen im Rahmen eines Abänderungsverfahrens geltend zu machen. Dann hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte, soweit er das Bestehen einer Erwerbsobliegenheit in Abrede stellt, die hierfür maßgebenden Umstände darzulegen und zu beweisen (vgl. beispielsweise die Leitlinien des OLG Hamm in Ziffer 17.1.1).