Der Unterhaltsbedarf richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB). Nach früherer und jetzt wieder aktueller Rechtsprechung gilt das Stichtagsprinzip: Abzustellen ist primär auf die ehelichen Lebensverhältnisse, die bei Rechtskraft der Ehescheidung maßgebend waren.
Zwischenzeitlich gab es eine Phase, in der der BGH eine die früheren ehelichen Lebensverhältnisse unverändert fortschreibende Lebensstandardgarantie ablehnte, zur Begründung bezog er sich unter anderem auf die – vermeintlichen – Intentionen des Gesetzgebers bei der Unterhaltsreform. Nach dieser Rechtsprechung ging der BGH von "wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen" aus. Die Rechtsprechung des BGH zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen nahm ihren Anfang mit der Entscheidung vom 15.3.2006. In dieser Entscheidung führte der BGH aus:
Gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt sich das Maß des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erfordert die Bedarfsermittlung deshalb regelmäßig eine konkrete Feststellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die den ehelichen Lebensstandard bestimmt haben. Dass auf diese Weise auch ein Unterhaltsbedarf ermittelt werden kann, der unter dem Selbstbehalt eines Unterhaltsverpflichteten gegenüber (sogar minderjährigen) Kindern liegt, veranlasst keine Korrektur. Der eheliche Lebensstandard ist grundsätzlich individuell angelegt. Er kann wirtschaftlich über oder unter dem Niveau von Tabellenwerten liegen, die in der Regel auf durchschnittlich ermittelten Kosten der allgemeinen Lebensführung beruhen und Besonderheiten daher nicht berücksichtigen. Darin unterscheidet er sich von dem Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen, der auf der Grundlage der Sozialhilfesätze mit Mindestbeträgen pauschaliert werden kann. Der Bedarf eines unterhaltsberechtigten Ehegatten kann auch nach der Scheidung je nach den Umständen des Einzelfalles beispielsweise dadurch beeinflusst werden, dass infolge gemeinschaftlichen Wirtschaftens mit anderen Personen – etwa Verwandten – die Generalkosten insbesondere für Wohnen niedriger gehalten werden können als im Falle des Alleinlebens. Inhalt der Unterhaltspflicht gegenüber einem geschiedenen Ehegatten ist es deswegen nicht, dem Berechtigten unter allen Umständen das so genannte Existenzminimum zu sichern – das ist notfalls Sache des Sozialhilfeträgers –, sondern nach Maßgabe des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB die Fortsetzung derjenigen – möglicherweise auch engen – Lebensverhältnisse zu ermöglichen, die die Ehe prägen (Senatsurteil vom 11. Januar 1995 – XII ZR 122/93 – FamRZ 1995, 346, 347). Somit ist regelmäßig schon durch die Bedarfsermittlung auf Seiten des Unterhaltsberechtigten sichergestellt, dass dem Unterhaltspflichtigen ein – unter Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus – ebenso großer Anteil des verfügbaren Einkommens verbleibt, wie ihn der Unterhaltsberechtigte beanspruchen kann.
Zwar bestimmt sich der Bedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dieser Bezug schließt es jedoch nicht aus, nacheheliche Entwicklungen schon bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen. So können sich nach der Rechtsprechung des Senats Einkommensverbesserungen, die erst nach der Scheidung beim unterhaltspflichtigen Ehegatten eintreten, bedarfssteigernd auswirken, wenn ihnen eine Entwicklung zugrunde liegt, die aus der Sicht zum Zeitpunkt der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war und wenn diese Erwartung die ehelichen Lebensverhältnisse bereits geprägt hatte. Umgekehrt können auch nach der Scheidung eintretende Einkommensminderungen für die Bedarfsbemessung nicht grundsätzlich unberücksichtigt bleiben, sofern sie nicht auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsverpflichteten beruhen oder durch freiwillige berufliche oder wirtschaftliche Dispositionen des Unterhaltsverpflichteten veranlasst sind und von diesem durch zumutbare Vorsorge aufgefangen werden können (Senatsurteil BGHZ 153, 358, 364 f. = FamRZ 2003, 590, 591). Wie der Senat schon wiederholt ausgesprochen hat, müsste es auf Unverständnis stoßen, wenn eine nach der Trennung eintretende Arbeitslosigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten nicht schon die ehelichen Lebensverhältnisse, sondern erst seine Leistungsfähigkeit beeinflusst. Gleiches gilt für eine dauerhafte Absenkung der Erwerbseinkünfte des Unterhaltsschuldners nach der Scheidung. Auch hier muss es der Unterhaltsberechtigte hinnehmen, dass der Bemessungsmaßstab für seinen Unterhaltsanspruch gegenüber den Verhältnissen im Zeitpunkt der Scheidung abgesunken ist (Senatsurteil BGHZ 153 aaO).
Der Senat hat deshalb in seiner neueren Rechtsprechung ausdrücklich ausgesprochen, dass die Anknüpfung der nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgebenden Umstände an den Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils schon nach ihrem Zweck für den unterhaltsberechtigten Ehegatten keine die früheren ehelichen Leben...