Leitsatz
Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, welche Bemühungen der Unterhalt begehrende Ehegatte an den Tag legen muss, der Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit geltend macht.
Sachverhalt
Die Parteien stritten um nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im Jahre 1972 geheiratet und waren im Januar 2001 rechtskräftig geschieden worden. Aus der Ehe waren zwei in den Jahren 1979 und 1987 geborene Kinder hervorgegangen.
In einem von der 53-jährigen arbeitslosen Klägerin eingeleiteten Abänderungsverfahren begehrte sie Erhöhung des nachehelichen Unterhalts. Die Parteien stritten insbesondere über den Steuerabzug bei der Einkommensermittlung aufseiten des Beklagten und über die Befristung des Unterhaltsanspruchs, die der Beklagte mit seiner Widerklage geltend machte.
In einem Scheidungsfolgenvergleich hatte sich der Beklagte zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von 2.166,00 DM verpflichtet. Wegen zwischenzeitlicher Erwerbslosigkeit des Beklagten einigten sich die Parteien in der Folgezeit auf eine Herabsetzung i.H.v. 500,00 EUR. Seit 2006 ging der Beklagte wiederum einer selbständigen Tätigkeit nach, die Klägerin beanspruchte nunmehr Unterhalt i.H.v. 2.500,00 EUR monatlich.
Die Parteien stritten über die Einkommensermittlung aufseiten des Beklagten. Das OLG hatte auf seiner Seite nur auf den Gewinn im Jahre 2007 abgestellt, weil es sich um das einzige abgeschlossene Geschäftsjahr handele und hatte von diesem Gewinn auch nur die im Jahre 2008 festgesetzte Einkommensteuer nach dem Für-Prinzip abgesetzt, eine für die Zeit ab 1998 noch zu leistende Steuernachzahlung jedoch nicht berücksichtigt.
Aufseiten der Klägerin legte das Berufungsgericht ein fiktives Einkommen von monatlich 1.100,00 EUR zugrunde und stützte diese Entscheidung allein auf unzureichende Erwerbsbemühungen. Das Berufungsgericht verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von 1.548,00 EUR monatlich und befristete den Unterhalt bis einschließlich Dezember 2009.
Hiergegen richtete sich die Revision der Klägerin, die zur Aufhebung und Zurückverweisung führte.
Entscheidung
In seiner Entscheidung hat der BGH beanstandet, dass das OLG die von der Klägerin vorgetragenen Arbeitsbemühungen nicht als ausreichend angesehen und insoweit allein auf die Anzahl der Bewerbungen abgestellt habe. Er hat hierzu die Auffassung vertreten, dass die Anzahl der Bewerbungen nur ein Indiz für entsprechende Arbeitsbemühungen sei. Eine mangelhafte Arbeitssuche setze aber voraus, dass sie für die Arbeitslosigkeit auch ursächlich sei.
Dies sei nicht der Fall, wenn aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten des Arbeitsmarktes sowie den persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Unterhalt begehrenden Ehegatten für diese keine reale Beschäftigungschance bestanden hätte (BGH v. 30.7.2008 - 12 ZR 126/06 -, FamRZ 2008, 2104).
Gebilligt hat der BGH die Einkommensermittlung des OLG und die Anwendung des Für-Prinzips unter Außerachtlassung der Steuernachzahlung aus der Zeit seit 1998. Insoweit hat er noch einmal deutlich gemacht, dass die geläufigen Methoden zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens und zum Steuerabzug bei der Einkommensermittlung für Selbständige nicht als Dogma missverstanden werden dürften (BGH, Urt. v. 2.6.2004 - XII ZR 217/01, FamRZ 2004, 1177, 1178).
Es sei vielmehr Aufgabe der Tatsacheninstanzen, unter den gegebenen Umständen des Einzelfalls eine geeignete Methode zur möglichst realitätsgerechten Ermittlung des Nettoeinkommens als Grundlage der Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu finden.
Hinweis
Die Entscheidung des BGH zur Anforderung an die Erwerbsbemühungen des Unterhalt begehrenden Ehegatten ist lesenswert und uneingeschränkt zu begrüßen. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass die Anzahl der Bewerbungen zwar gewisse Rückschlüsse zulässt, letztendlich aber nicht das entscheidende Kriterium ist.
Auch eine Beschäftigungschance ist zu prüfen. Ist diese nicht gegeben, können die mangelhaften Arbeitsplatzbemühungen nicht ursächlich dafür sein, dass keine Erwerbstätigkeit gefunden wird.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 21.09.2011, XII ZR 121/09