Leitsatz
Die Parteien stritten im Ehescheidungsverbundverfahren auch um den nachehelichen Unterhalt. Ihre gemeinsame Tochter lebte bei der Ehefrau. Das Kind war zum Zeitpunkt der Ehescheidung sechs Jahre alt. Kernproblem der Entscheidung war die Frage, ob und in welcher Höhe der Ehefrau ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zusteht.
Sachverhalt
Die Parteien hatten - zunächst unverheiratet - seit dem Jahre 1993 zusammengelebt. Im August 2002 wurde ihre gemeinsame Tochter geboren. Im April 2004 hatten die Parteien die Ehe geschlossen. Acht Monate später trennte sich der Ehemann von der Ehefrau wegen einer anderen Partnerin.
Vor der Geburt des Kindes war die Ehefrau als Zahntechnikerin tätig, nach der Geburt einvernehmlich zunächst nicht mehr. Als das Kind drei Jahre alt wurde, nahm die Ehefrau ihre Tätigkeit halbschichtig wieder auf. Die Parteien stritten darüber, ob dies von vornherein so verabredet gewesen war, oder seinen Grund darin hatte, dass die Ehefrau mit dem gezahlten Kindes- und Trennungsunterhalt von insgesamt 1.200,00 EUR nicht zurechtkam.
Der Ehemann war als angestellter Projektleiter tätig und erzielte ein monatliches Nettoeinkommen von 2.294,00 EUR ohne Steuererstattungen und ohne eventuelle Nebentätigkeiten. Die Ehefrau arbeitete seit dem 1.12.2008 bei einer Versicherung und erzielte bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden Nettoeinkünfte zwischen 880,00 und 920,00 EUR. Ihr Arbeitsverhältnis war bis zum 30.11.2009 befristet.
Die Ehefrau vertrat die Auffassung, ihr stehe ein Anspruch auf Betreuungs- bzw. Aufstockungsunterhalt zu. Hinsichtlich der Leistungsfähigkeit des Ehemannes führte sie an, er erziele neben seiner nichtselbständigen Tätigkeit weiterhin auch Einkünfte als selbständiger Bauleiter.
Die Ehefrau hat im Ehescheidungsverbundverfahren nachehelichen Unterhalt von 832,00 EUR geltend gemacht.
Erstinstanzlich wurde der Ehemann zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von 578,00 EUR verurteilt.
Hiergegen wandte er sich mit der Berufung. Sein Rechtsmittel erwies sich als nicht begründet.
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, der Ehefrau stehe ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt in der ausgeurteilten Höhe zu. Dieser Anspruch ergebe sich entgegen der Auffassung des AG nicht nur aus § 1573 BGB, sondern auch aus § 1570 BGB.
Im Hinblick auf das Alter des zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung 6 Jahre und knapp 10 Monate alten Kindes könne nicht zweifelhaft sein, dass eine Betreuungsbedürftigkeit bestehe. Die Frage könne nur sein, ob und in welchem Umfang die notwendige Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert sei oder in kindgerechten Einrichtungen gesichert werden könne.
Diese Möglichkeit in einem Kindergarten bestehe derzeit bis maximal 16.30 Uhr. Der Kindergarten sei im Sommer drei Wochen geschlossen. Das Kind werde nach den Sommerferien in eine Ganztagsschule eingeschult. Dort bestehe eine Betreuungsmöglichkeit bis maximal 16.00 Uhr. Die Tochter sei ein lebhaftes und gesundes Kind gehe diversen Freizeitaktivitäten nach. Im Übrigen müsse sie einmal in der Woche zu einer Logopädin.
Der Übergang vom Kindergarten in die Schule stelle für jedes Kind einen besonders einschneidenden Lebensabschnitt dar, in dem es besonders intensiver Betreuung bedürfe.
Hinzu komme, dass bei einem Ende der Fremdbetreuung um 16.00 Uhr der allein erziehende Elternteil auch rein technisch die Möglichkeit haben müsse, das Kind um diese Zeit in Empfang zu nehmen. Dazu sei erforderlich, dass er - auch unter Berücksichtigung verkehrsmäßiger Beeinträchtigungen - rechtzeitig seinen Arbeitsplatz verlassen könne. Eine Verpflichtung zur Erwerbstätigkeit bis 16.00 Uhr sei daher keinesfalls zumutbar.
Zu berücksichtigen seien hier auch elternbezogene Gründe im Hinblick auf das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte bzw. praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung. Danach entspreche es im vorliegenden Fall der Billigkeit, dass die Ehefrau derzeit nicht mehr als einer Halbtagstätigkeit nachgehen müsse.
Soweit der Ehemann darauf hinweise, die Ehe sei nur von kurzer Dauer gewesen, stehe dies dem Ergebnis schon deshalb nicht entgegen, weil die Parteien vor der Heirat bereits über 10 Jahre zusammengelebt hätten. Dieser Umstand müsse im Rahmen der Billigkeitsentscheidung berücksichtigt werden, zumal die Kindesbetreuung schon vor der Eheschließung aber auch danach on der Ehefrau wahrgenommen worden sei, die dafür ihre Erwerbstätigkeit bis August 2005 einvernehmlich aufgegeben habe.
Im Übrigen übersehe der Ehemann, dass weder der Gesetzgeber noch der BGH davon ausgingen, dass mit Rechtskraft der Scheidung ein bislang nur in Teilzeit tätiger Ehegatte ohne Übergangszeit zu einer vollschichtigen Tätigkeit verpflichtet sei.
Derzeit bestehe daher ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt, der zusammen mit dem Aufstockungsunterhaltsanspruch der Höhe nach mindestens den ausgeurteilten Betrag erreiche.
Eine Befristung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt gemäß § 1578b BGB scheide schon desha...