Leitsatz
Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen in Deutschland eine Scheidung nach iranischem Recht durchzuführen ist.
Sachverhalt
Die Parteien sind iranische Staatsangehörige und schlossen am 11.9.1997 die Ehe vor dem Heiratsnotariat in Teheran. Danach verlegten sie ihren Wohnsitz nach Deutschland, wo ihre beiden gemeinsamen Kinder geboren wurden, von denen eines die deutsche und das andere die iranische und deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Der Ehemann kehrte in den Iran zurück, die Ehefrau reichte in Deutschland den Ehescheidungsantrag ein. Der Ehemann war zur Scheidung nicht bereit.
Bei der Eheschließung hatten die Parteien eine Vereinbarung abgeschlossen, die auch die Möglichkeiten einer Scheidung regelte. Danach hatte der Ehemann der Ehefrau unwiderruflich Vollmacht erteilt, sich scheiden zu lassen, sofern er sich aus welchen Gründen auch immer über sechs Monate lang weigere, den Unterhalt der Ehefrau zu leisten. Bereits vor der Trennung der Parteien war der Ehemann arbeitslos, so dass er seiner Unterhaltsverpflichtung ggü. der Ehefrau nicht mehr nachkommen konnte. Die Ehefrau sah von einer gerichtlichen Geltendmachung ihrer Unterhaltsansprüche im Hinblick auf die Leistungsunfähigkeit des Ehemannes ab.
Das AG hat in Anwendung iranischen Rechts die Ehe der Parteien geschieden und die elterliche Sorge für beide Kinder der Mutter übertragen. Hiergegen wandte sich der Ehemann mit seiner Berufung. Er bestritt das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Scheidung nach iranischem Recht und machte darüber hinaus geltend, dass das Sorgerecht allein ihm zustehe.
Entscheidung
Das OLG hat die Zuständigkeit deutscher Gerichte nach der Brüssel IIa-VO bejaht und die Ehe in Anwendung iranischen Rechts geschieden. Dem Rechtsmittel des Ehemannes wurde nur teilweise hinsichtlich der elterlichen Sorge stattgegeben. Das OLG verneinte zwar eine Scheidung gemäß Art. 1129 des iran. ZGB, da eine solche eine gerichtliche Feststellung der Leistungsunfähigkeit des Ehemannes voraussetze. Der Ehefrau stehe allerdings nach der zwischen den Parteien anlässlich der Eheschließung geschlossenen Vereinbarung ein vertraglicher Scheidungsgrund zu. Dieser beruhe auf der fehlenden Leistung von Unterhalt vonseiten des Ehemannes und könne - im Gegensatz zum Tatbestand des Art. 1129 iran. ZGB - auch ohne vorausgehende gerichtliche Feststellung der Leistungsunfähigkeit geltend gemacht werden, wenn feststehe, dass der Ehemann kein Einkommen habe, über den in der vertraglichen Vereinbarung festgesetzten Zeitraum den Unterhalt nicht geleistet habe und das Gericht zu der Erkenntnis komme, dass auch ein Vollstreckungsurteil in das Vermögen des Ehemannes den Unterhalt nicht sichern werde. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Ehemann verschuldet leistungsunfähig sei.
Bei der Entscheidung über die elterliche Sorge für die beiden gemeinsamen Kinder der Parteien trennte das OLG zwischen der Personensorge, die auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht beinhalte, und dem verbleibenden Sorgerecht und sprach die Personensorge der Kindesmutter zu. Im Übrigen stehe das Sorgerecht (die Vermögenssorge) für die allein die iranische Staatsangehörigkeit besitzende Tochter dem Vater und für den Sohn, der sowohl die deutsche wie die iranische Staatsangehörigkeit besitze, den Eltern gemeinsam zu.
Link zur Entscheidung
OLG Koblenz, Urteil vom 26.11.2008, 9 UF 653/06