Leitsatz
Die Entscheidung des OLG Hamm befasst sich mit der rechtzeitigen Anhängigmachung von Folgesachen nach § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG. Seit Inkrafttreten dieser Vorschrift zum 01.09.2009 müssen Folgesachen spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug anhängig gemacht werden. Das OLG Hamm hat sich mit der Frage beschäftigt, ob hierfür der erste Verhandlungstermin entscheidend ist.
Sachverhalt
Seit Oktober 2009 war der Scheidungsantrag rechtshängig. Nach Eingang der Auskünfte zum Versorgungsausgleich bestimmte das AG Anfang 2010 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 10.3.2010. Am 9.3.2010 bat die Antragsgegnerin um eine Verlegung des Termins, weil sie am Terminstag an einer Beerdigung teilnehmen müsse. Zum Termin erschien sie nicht. Das AG hörte im Termin den Antragsteller persönlich an und verkündete am Schluss der Sitzung, dass ein Fortsetzungstermin für 7.4.2010 anberaumt werde. Am 22.3.2010 stellte die Antragsgegnerin einen Stufenantrag zur Folgesache nachehelicher Unterhalt und am 23.3.2010 einen solchen zur Folgesache Zugewinnausgleich. Das AG hob daraufhin am gleichen Tage den Termin vom 7.4.2010 auf.
Die für die Folgesachen von der Antragsgegnerin beantragte Verfahrenskostenhilfe wurde nicht bewilligt, weil der Verbund des Scheidungsverfahrens mit diesen Folgesachen gemäß § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG unzulässig sei.
Hiergegen wandte sich die Antragsgegnerin mit der sofortigen Beschwerde.
Entscheidung
Das OLG hat unter Aufhebung des abweisenden Beschlusses die Sache an das Familiengericht zurückverwiesen, da beide Anträge fristgerecht anhängig gemacht worden seien.
Sie seien rechtzeitig mehr als zwei Wochen vor dem auf den 7.4.2010 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung eingereicht worden, so dass die Frist gemäß § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG gewahrt sei und die Folgesachen in den Verbund einzubeziehen seien.
Für die Frist nach § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG komme es nicht auf den Zeitpunkt des ersten Verhandlungstermins an. Maßgeblich sei der Termin der "letzten" mündlichen Verhandlung, der dann auch zur Entscheidung über den Scheidungsantrag und den Verbund führe. Die Frist des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG solle nur eine Verzögerung durch eine verspätete Anhängigmachung von Folgesachen vermeiden. Eine Verfahrensverzögerung aus anderen Gründen solle hingegen nicht sanktioniert werden.
Hinweis
Die Entscheidung des OLG Hamm entschärft den Zwang zur frühzeitigen Anhängigmachung aller Folgesachen, die sich aus einer engeren Auslegung des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG ergeben würde.
In der Literatur wird teilweise die Auffassung vertreten, dass sich die Frist des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG auf den ersten Termin zur mündlichen Verhandlung beziehe. Zur Begründung wird insbesondere angeführt, dass nur hierdurch Manipulationsmöglichkeiten begegnet werden könne.
Nach Auffassung des OLG Hamm reicht es aus, dass die Folgesache vierzehn Tage vor dem Termin anhängig gemacht worden ist, zu dem über alle bisher anhängigen Sachen erstmals hätte entschieden werden können.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 30.06.2010, II-5 WF 95/10