Leitsatz
Kernproblem der Entscheidung war die Frage, ob ein Ehevertrag mit einer Schwangeren, in dem der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB zwar nicht in Bezug auf dessen zeitliche Dauer, jedoch der Höhe nach begrenzt worden war, einer Wirksamkeitskontrolle gem. § 138 Abs. 1 BGB standhält, wenn ein Unterhaltsbetrag im Ehevertrag festgelegt wird, der das sächliche Existenzminimum wegen einer nicht vorhandenen Preisgleitklausel nicht bis zur Beendigung der Betreuung der gemeinsamen Kinder sichert und auch keinen Nachteilsausgleich vorsieht.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Jahre 1995 geheiratet. Aus ihrer Ehe waren drei Kinder, geboren im Jahre 1995 und im Jahre 1998, hervorgegangen.
Kurz vor der Geburt des ersten Sohnes schlossen die Parteien am 21.07.1995 einen notariellen Ehevertrag, in dem sie u.a. Gütertrennung vereinbarten und wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt verzichteten. Hinsichtlich des Unterhalts vereinbarten die Parteien eine zeitlich gestaffelte Regelung, in der der zu zahlende nacheheliche Unterhalt bei Vorhandensein mehrerer gemeinsamer Kinder jedenfalls der Höhe nach begrenzt sein sollte.
Im Rahmen des Scheidungsverbundes nahm die Ehefrau den Ehemann auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Anspruch. Der Ehemann gab ein Anerkenntnis zur Zahlung monatlichen Unterhalts von 766,94 EUR ab. Insoweit wurde er zur Zahlung verurteilt. Den weitergehenden Unterhaltsantrag hat das erstinstanzliche Gericht abgewiesen.
Hiergegen legte die Ehefrau Berufung ein. Das erstinstanzliche Urteil wurde daraufhin teilweise abgeändert und ihr zeitlich gestaffelt für die Zeit ab April 2003 höherer nachehelicher Unterhalt als von dem erstinstanzlichen Gericht ausgeurteilt zuerkannt. Die Eventualwiderklage des Ehemannes, mit der er für den Fall, dass das Berufungsgericht die notarielle Vereinbarung bezüglich des Ehegattenunterhalts für unwirksam halten sollte, beantragt hatte, den Unterhaltsantrag insgesamt abzuweisen, war als unzulässig verworfen worden. Mit der zugelassenen Revision verfolgte er sein zweitinstanzliches Begehren weiter.
Seine Revision hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BGH hat unter Bezugnahme auf seine grundlegende Entscheidung zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen (BGH v. 11.2.2004 - XII ZR 265/02, BGHZ 158, 81 ff. = FamRZ 2004, 601) erneut darauf hingewiesen, dass der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB dem Kernbereich der Scheidungsfolgen zuzuordnen ist, dieser aber dennoch einer ehevertraglichen Regelung zugänglich sei. Darüber hinaus hat er hervorgehoben, dass im Einzelfall geprüft werden müsse, welche Bedeutung die jeweiligen Scheidungsfolgen für den Berechtigten einnehme. Sittenwidrigkeit gem. § 138 Abs. 1 BGB liege dann vor, wenn bereits bei Vertragsschluss eine einseitige Lastenverteilung im Scheidungsfall offenkundig werde (BGH v. 25.5.2005 - XII ZR 221/02 = FamRZ 2005, 1444).
Ferner verlangte der BGH eine Prüfung der mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie der sonstigen Beweggründe, die einerseits den begünstigten Ehegatten zur ehevertraglichen Regelung veranlasst und andererseits den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, dem Verlangen zum Abschluss des Ehevertrages zu entsprechen.
In Bezug auf den in zeitlicher Hinsicht bis zum Erreichen des 16. Lebensjahres des jüngsten Kindes vorgesehen, der Höhe nach aber begrenzten Betreuungsunterhalt führte der BGH in seiner Entscheidung aus, dass dieser nicht geeignet sei, das sächliche Existenzminimum der unterhaltsberechtigten Ehefrau zu sichern. Ferner werde der begrenzte Unterhaltsbetrag dem Nachteilsausgleich auch nicht annähernd gerecht, da die Unterhaltsberechtigte vor der Eheschließung als Diplom-Betriebswirtin ein Jahresbruttoeinkommen von 100.000,00 DM erzielt habe. Beachtenswerte Belange des durch den Ehevertrag begünstigten unterhaltsverpflichteten Ehemannes seien demgegenüber nicht dargetan. Damit sei die Unterhaltsregelung des Ehevertrages nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig.
Hinweis
Wenn die Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB zu bejahen sind, richtet sich der Ausgleich nach der gesetzlichen Regelung. Damit werden in dem vom BGH entschiedenen Fall Dauer und Höhe des Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB sowie nach § 1578 BGB bestimmt. Soweit der Ehevertrag weitere Unterhaltsansprüche ausschließt, ist dies ebenfalls nicht wirksam, so dass auch Anschlussunterhalt nach den §§ 1571 ff. BGB verlangt werden kann. Die im Fall einer Ausübungskontrolle mögliche Anpassung des Ehevertrages nach § 242 BGB im Sinne eines Nachteilsausgleichs, der hinsichtlich der Höhe des Unterhalts hinter dem vollen Unterhalt nach §§ 1573 Abs. 2, 1578 Abs. 1 S. 1 BGB zurückbleiben kann, scheidet dagegen hier aus.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 05.07.2006, XII ZR 25/04