Damit Eigenbedarf geltend gemacht werden kann, müssen die vermieteten Räume zu Wohnzwecken benötigt werden. Ein Benötigen zu anderen, z. B. gewerblichen oder beruflichen Zwecken, stellt keinen Eigenbedarf dar.
Einem Eigenbedarf steht jedoch nicht entgegen, wenn der Vermieter in einem gekündigten Einfamilienhaus nur ein Zimmer beruflich nutzen will.
Durch die Formulierung "insbesondere" in § 573 Abs. 2 BGB kommt zum Ausdruck, dass die Aufzählung dort nicht abschließend ist und § 573 Abs. 1 BGB auch dann als Generalklausel anwendbar bleibt, wenn die besonderen Kündigungstatbestände des § 573 Abs. 2 BGB (z. B. Eigenbedarf) nicht vorliegen.
Benötigt der Vermieter die Räume nur teilweise für Wohnzwecke, überwiegend aber für gewerbliche bzw. freiberufliche Zwecke (z. B. Architekturbüro), kann der Vermieter die Kündigung zwar nicht auf Eigenbedarf gem. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB stützen, aber auf ein allgemeines berechtigtes Interesse i. S. v. § 573 Abs. 1 BGB, da der Wunsch des Vermieters, seine Wohnung auch für eigene berufliche Zwecke zu nutzen, im Hinblick auf die durch Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit grundsätzlich zu beachten ist. Dieses allgemeine berechtigte Interesse des Vermieters nach § 573 Abs. 1 BGB ist aufgrund der verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit nicht geringer zu bewerten als der in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB geregelte Eigenbedarf des Vermieters.
Wie streng die Voraussetzungen für eine Kündigung des Vermieters nach der Generalklausel des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB (allgemeines berechtigtes Interesse) sind, hängt davon ab, ob das Interesse des Vermieters an der Erlangung der Räume eher mit Eigenbedarf oder eher mit einer wirtschaftlichen Verwertung vergleichbar ist:
- Bei einer Vergleichbarkeit mit Eigenbedarf ist bereits ein "beachtenswerter Nachteil" ausreichend.
- Bei einer Vergleichbarkeit mit einer wirtschaftlichen Verwertung ist eine Kündigung nur bei einem "Nachteil von einigem Gewicht" begründet; so z. B., wenn der Vermieter an einer Gesellschaft beteiligt ist, die als Trägerin verschiedener sozialer Einrichtungen einen Gebäudekomplex mit staatlichen Fördermitteln sanieren und darin im Rahmen eines sozialen Wohnprojekts mehrere Wohnplätze schaffen will.
Will der Vermieter die Wohnung also überwiegend für seine geschäftliche Tätigkeit nutzen, ist es für ein Kündigungsrecht regelmäßig ausreichend, dass dem Vermieter bei verwehrtem Bezug ein beachtenswerter Nachteil entstünde, was – so der BGH – bei einer auf nachvollziehbaren und vernünftigen Erwägungen beruhenden Lebens- und Berufsplanung des Vermieters häufig der Fall sein dürfte. Beabsichtigt der Vermieter, die Mietwohnung nicht nur zu Wohnzwecken zu beziehen, sondern dort zugleich überwiegend einer (frei-)beruflichen Tätigkeit nachzugehen (hier: Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei), reicht es für das Vorliegen eines berechtigten Interesses an der Beendigung des Mietverhältnisses regelmäßig aus, dass ihm ein beachtenswerter bzw. anerkennenswerter Nachteil entstünde, wenn er die Wohnung nicht nutzen kann. Nicht erforderlich ist, dass die Vorenthaltung der Mieträume für den Vermieter einen noch größeren "gewichtigen" Nachteil hätte. Der ernsthafte, auf nachvollziehbare und vernünftige Gründe gestützte Entschluss des Vermieters, die Wohnung zugleich überwiegend freiberuflich zu nutzen, weist nämlich eine größere Nähe zum Eigenbedarf auf als zum Tatbestand einer Verwertungskündigung, bei der strengere Voraussetzungen gelten, d. h. ein "gewichtiger" Nachteil vorliegen müsste.
Entsprechendes gilt, wenn die Mischnutzung durch den Ehegatten oder Lebenspartner des Vermieters erfolgen soll.
Berechtigtes Interesse an Kündigung zu freiberuflichen Zwecken
Strengere Voraussetzungen an das Kündigungsrecht sind zu stellen, wenn der Vermieter die Wohnung ausschließlich zu geschäftlichen Zwecken nutzen möchte. Weil der Mieter in diesem Fall allein aus geschäftlich motivierten Gründen von seinem räumlichen Lebensmittelpunkt verdrängt werden soll, ist ein Kündigungsrecht nur dann gegeben, wenn der Fortbestand des Mietverhältnisses für den Vermieter ein Nachteil von einigem Gewicht darstellen würde. Ein solcher wäre z. B. anzunehmen, wenn
- die wirtschaftliche und rentable Durchführung der geschäftlichen Tätigkeit des Vermieters gefährdet wäre oder
die konkrete Lebensgestaltung des Vermieters die Nutzung der Mietwohnung erfordert. Als Beispiel: wenn der Vermieter die Räume benötigt, um sein Büro näher am Eigenheim zu platzieren und so Familie und Beruf besser in Einklang bringen kann oder bei gesundheitlichen Einschränkungen des Vermieters, Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Personen.
Diese Voraussetzungen sind z. B. dann nicht erfüllt, wenn der Vermieter die Wohnung nur zur Auslagerung eines (teilweise 30 Jahre zurückreichenden) Aktenbestands für seine im selben Haus befindliche Beratungsfirma nutzen will. Hier stellt die Lagerung der Akten in einer anderen, etwas weiter entfernten Räumlichkeit für den Vermieter keinen erheblichen Nacht...