Leitsatz
- Jeder Wohnungseigentümer hat einen Anspruch auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen, ferner ist er berechtigt, Fotokopien gegen Kostenerstattung anzufertigen.
- Dieses Recht findet seine Grenze jedoch im Mißbrauchs- und Schikaneverbot der §§ 226, 242 BGB. Der Wohnungseigentümer kann daher nur Einsichtnahme sowie Fotokopie vorhandener und hinreichend genau bezeichneter Unterlagen begehren, die überdies ohne größeren Aufwand und ohne Störungen des Betriebsablaufs der Verwaltung eingesehen und fotokopiert werden können.
Sachverhalt
Die Verwalterin einer Wohnungseigentumsanlage teilte den Eigentümern schriftlich mit, sie habe die Buchungsunterlagen geprüft. Diese stünden zur überprüfung als Grundlage der Beschlußfassung über die Nebenkostenabrechnung sowie der Instandhaltungsrücklage den Eigentümern zur Einsichtnahme zu bestimmten Zeiten in den Räumen der Verwalterin zur Verfügung.
Eine Wohnungseigentümerin begehrte von der Verwalterin Zusendung der Unterlagen in Fotokopie, da es ihr nicht möglich sei, die Unterlagen ausreichend in den Räumen der Verwalterin zu prüfen. Diese weigerte sich jedoch, dem Begehren der Eigentümerin nachzukommen. Auf der anschließenden Eigentümerversammlung wurden die vorgelegten Abrechnungen von den übrigen Wohnungseigentümern genehmigt und der Verwalterin Entlastung erteilt. Diesen Beschluß ficht nun die Wohnungseigentümerin an.
Entscheidung
Das Anfechtungsbegehren der Wohnungseigentümerin konnte hier keinen Erfolg haben, obwohl die Eigentümerin selbstverständlich berechtigt war, diesen Beschluß auch mit der Begründung anzufechten, die Verwalterin hätte ihr zur Prüfung der Unterlagen diese in Fotokopie zusenden müssen. Denn wäre die Verwalterin tatsächlich verpflichtet, jedem Wohnungseigentümer sämtliche Unterlagen für die Jahresabrechnung in Fotokopie gegen Kostenerstattung zu übersenden, entspräche es ja auch nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, über die Abrechnung und Entlastung der Verwalterin zu entscheiden, bevor diese ihrer Verpflichtung nachgekommen wäre.
Grundsätzlich hat dementsprechend auch jeder Wohnungseigentümer gegen den Verwalter einen Anspruch darauf, daß dieser ihm Einsicht in die Buchungsunterlagen gewährt. Diese Verpflichtung ergibt sich sowohl aus dem Gesetz wie auch aus dem Verwaltervertrag. Denn nur wenn jeder Wohnungseigentümer ein Recht zur Einsichtnahme der Verwalterunterlagen hat, kann er wirksam kontrollieren, ob der Verwalter seinen Pflichten bei der Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben nachgekommen ist oder sich aber pflichtwidrig verhalten hat. Denn die Bestätigung einer nicht nachprüfbaren Abrechnung ist niemandem zuzumuten.
Im Rahmen des Rechts auf Einsichtnahme in die Verwalterunterlagen steht jedem Wohnungseigentümer nach den Grundsatz von Treu und Glauben auch ein Anspruch auf Fertigung und übergabe von Fotokopien zu, natürlich gegen entsprechende Kostenerstattung. Dieses Recht hat seine Grenzen aber da, wo Mißbrauch bzw. Schikane beginnen. Das ersuchen auf Einsichtnahme und Fertigung von Fotokopien muß sich nämlich auf vorhandene und hinreichend genau bezeichnete Unterlagen beziehen, die auch ohne größeren Aufwand bereitgehalten, eingesehen und fotokopiert werden können. Dies ist dann nicht mehr der Fall, wenn für die Beteiligten ein unverhältnismäßiger Zeit- und Kostenaufwand entsteht.
Berücksichtigt man diese Grundsätze, hat die Verwalterin vorliegend rechtmäßig gehandelt. Sie hat den einzelnen Wohnungseigentümern ausreichend Gelegenheit geboten, in die Unterlagen Einsicht zu nehmen. Sie war darüber hinaus auch bereit, der betreffenden Wohnungseigentümerin näher bezeichnete Teile hiervon in Fotokopie zu überlassen. Da diese jedoch nicht einmal bereit gewesen ist, an den Ort der Verwaltung zu kommen und gänzlich unbestimmt sämtliche Unterlagen in Kopie forderte, war die Grenze des Mißbrauchs- und Schikaneverbots überschritten.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 09.02.1998, 15 W 124/97
Fazit:
Merke: Einsicht kann grundsätzlich nur am Ort der Verwaltung der Unterlagen verlangt werden, das Recht auf Einsichtnahmen bedeutet nicht, daß ein Anspruch auf übersendung und Zusendung aller Abschriften durch den Verwalter besteht. Das Recht auf Einsichtnahme des einzelnen Wohnungseigentümers in die Verwalterunterlagen erstreckt sich dabei auf die Belege, die die Zahlungen der anderen Wohnungseigentümer betreffen, schließlich besteht ein berechtigtes Interesse an der Kontrolle des Eingangs der Zahlungen, die der einzelne Wohnungseigentümer an die Gemeinschaft zu leisten hat. Grund: Pünktlichkeit und Vollständigkeit der Zahlungen wirken sich wirtschaftlich gegen jeden anderen Wohnungseigentümer aus. Im Hinblick auf dieses berechtigte Interesse stehen der Einsichtnahme auch datenschutzrechtliche Bestimmungen nicht entgegen.