Alexander C. Blankenstein
Vereinbarung prüfen
Im Hinblick auf die maßgebliche Frist zur Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung ist stets zunächst die Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung zu prüfen. In vielen Fällen finden sich hier vom Gesetz abweichende Fristen. Die maßgebliche Bestimmung des § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG kann nämlich durch Vereinbarung geändert werden. Insoweit können kürzere, insbesondere aber längere Fristen geregelt sein.
Gesetzliche 3-Wochen-Frist
Finden sich keine vereinbarten Regelungen über die Einberufungsfrist, beträgt diese nach vorerwähnter Bestimmung 3 Wochen. Ihrem Wortlaut nach handelt es sich zwar nur um eine Soll-Vorschrift. Ein Unterschreiten der Einberufungsfrist führt jedoch grundsätzlich dann zur Anfechtbarkeit der auf der Versammlung gefassten Beschlüsse, wenn nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt.
Frist unbedingt einhalten!
Liegt kein Fall besonderer Dringlichkeit vor, ist die gesetzliche oder vereinbarte Ladungsfrist unbedingt einzuhalten. Ist es einem Wohnungseigentümer wegen verkürzter Ladungsfrist nicht möglich, an der Versammlung teilzunehmen, werden auf seine Klage hin sämtliche auf der Versammlung gefassten Beschlüsse für ungültig erklärt. Selbst wenn seine Stimme letztlich für die jeweiligen Beschlussergebnisse nicht ausschlaggebend gewesen wäre, hätte er jedoch durch Diskussionsbeiträge ggf. die Meinung der übrigen Wohnungseigentümer beeinflussen können. Stets besteht jedenfalls eine Kausalitätsvermutung dahin gehend, dass der Ladungsmangel kausal für die Ungültigkeit des Beschlusses ist. Allerdings muss der klagende Wohnungseigentümer darlegen, dass er bei rechtzeitigem Zugang der Ladung an einer Teilnahme nicht gehindert gewesen wäre und warum er auch keinen Vertreter zur Eigentümerversammlung entsenden konnte.
Ausnahmsweise ist die Unterschreitung der Ladungsfrist dann unbeachtlich, wenn die wegen des Ladungsmangels angefochtenen Beschlüsse auch bei ordnungsmäßiger Einberufung gefasst worden wären. Ob dies allerdings der Fall ist, muss die beklagte Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beweisen. In einer Vollversammlung, in der keiner der Wohnungseigentümer das Unterschreiten der Ladungsfrist rügt, wird der Einberufungsmangel geheilt.
Was abweichend vereinbarte Fristen in Vereinbarungen betrifft, ist danach zu differenzieren, ob diese die jeweils gesetzliche Regelung nur wiederholt oder aber bewusst abweichende Fristen geregelt hatten.
Beispiel 1: Gemeinschaftsordnung sieht 2-Wochen-Frist vor
Nach dem bis zum 1.7.2007 geltenden WEG hatte die Einberufungsfrist lediglich eine Woche betragen. War in Gemeinschaftsordnungen eine zweiwöchige Ladungsfrist vereinbart, war diese maßgeblich. Das WEG-Reformgesetz 2007 hatte dann die gesetzliche Einberufungsfrist auf 2 Wochen verlängert. Nunmehr ist diese Frist durch das WEMoG auf 3 Wochen verlängert worden. Die vereinbarte Frist von 2 Wochen gilt nicht mehr, es gilt die neue gesetzliche 3-Wochen-Frist. Ursprüngliche Intention der Vereinbarung war, den Wohnungseigentümern gegenüber der gesetzlichen Regelung eine längere Vorbereitungszeit einzuräumen. Dass diese künftig als "Höchstvorbereitungszeit" verbindlich sein soll, ergibt sich nicht aus der Vereinbarung.
Beispiel 2: Gemeinschaftsordnung sieht 4-Wochen-Frist vor
In der Gemeinschaftsordnung aus dem Jahr 2010 ist eine Einberufungsfrist von 4 Wochen geregelt. Bewusst wurde also die durch die WEG-Reform aus dem Jahr 2007 auf 2 Wochen verlängerte Einberufungsfrist nochmals deutlich verlängert. Die 4-Wochen-Frist wird weiter einzuhalten sein, da das WEMoG nur eine Frist von 3 Wochen regelt.
Beispiel 3: Gemeinschaftsordnung sieht 3-Tage-Frist vor
In der Gemeinschaftsordnung aus dem Jahr 1995 ist eine Einberufungsfrist von 3 Tagen geregelt. Diese Frist wird weiter maßgeblich bleiben, da bereits die damals geltende 1-Wochen-Frist deutlich unterschritten wurde, weil offensichtlich Willensbildungen der Wohnungseigentümer bewusst zügig herbeigeführt werden sollten.
Die nunmehr gesetzlich geltende 3-Wochen-Frist ist im Übrigen stets einzuhalten und nicht nur bei der jährlichen ordentlichen Wohnungseigentümerversammlung. Sie ist also auch zu beachten bei
- außerordentlichen Wohnungseigentümerversammlungen,
- Wohnungseigentümerversammlungen auf Verlangen der Wohnungseigentümer und
- den vereinbarten Wohnungseigentümerversammlungen.
Fälle besonderer Dringlichkeit
Die gesetzliche – und auch die vereinbarte – Ladungsfrist kann dann unterschritten werden, wenn ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt. Bereits sachlogisch sind Anlässe besonders dringlich, in denen die Ladungsfrist zur Vermeidung von Nachteilen und Schäden für Wohnungseigentümer nicht eingehalten werden kann. Dies ist etwa bei einem Heizungsausfall oder einer Einsturzgefahr der Garage der Fall.
Nur "Dringliches" darf behandelt werden
Es versteht sich von selbst, dass in einer Eilversammlung auch nur die tatsächlich dringlichen Angelegenheiten geregelt werden können. Im Hinblick auf ...