Alexander C. Blankenstein
Mit Blick auf die elektronische Teilnahme der Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung, ist zu berücksichtigen, dass die auf elektronischem Weg teilnehmenden Wohnungseigentümer "sämtliche oder einzelne Rechte" ausüben können. Die typischen und unentziehbaren Rechte der Wohnungseigentümer neben dem Teilnahmerecht stellen
- das Rederecht,
- das Fragerecht und
- – bis auf die eng umgrenzten Fälle des § 25 Abs. 4 WEG – das Stimmrecht
dar.
Inwieweit diese an sich unentziehbaren Rechte durch Beschluss auf Grundlage von § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG den elektronisch teilnehmenden Wohnungseigentümern entzogen werden können, ist weder dem Gesetzestext noch seiner Begründung zu entnehmen. Allerdings wird man hier den Wohnungseigentümern eine weite "Satzungsautonomie" zusprechen müssen. Denn das Gesetz statuiert kein Recht zur Teilnahme an Wohnungseigentümerversammlungen in elektronischer Form. Es ermächtigt lediglich die Wohnungseigentümer, Entsprechendes durch Beschluss zu ermöglichen.
Die Ausgestaltung der einzelnen Rechte der auf elektronischem Weg teilnehmenden Wohnungseigentümer dürfte daher auch unter Einschränkung bestimmter Rechte, wie etwa des Fragerechts, durchaus zulässig sein. Für die auf elektronischem Weg teilnehmenden Wohnungseigentümer sollte aber die Möglichkeit einer Interaktion zwischen persönlich anwesenden Wohnungseigentümern und Versammlungsleiter bestehen und es sollte in technischer Hinsicht die Möglichkeit gegeben werden, sich durch eigene Wortbeiträge an der Versammlung beteiligen zu können.
Grundsätzlich sollte zwar jedem an einer Wohnungseigentümerversammlung in elektronischer Form teilnehmenden Wohnungseigentümer
- der Zugang zur Eigentümerversammlung eröffnet bleiben,
- sein Rederecht ermöglicht werden,
- die Möglichkeit eingeräumt sein, Fragen zu stellen und
- die Abstimmung über Beschlussanträge ermöglicht werden.
Allerdings obliegt dies der Ausgestaltung des konkreten Beschlusses durch die Wohnungseigentümer. Auch wenn auf Grundlage von § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG lediglich die Ausübung "einzelner" Rechte eingeräumt werden kann, können dem auf elektronischem Weg teilnehmenden Wohnungseigentümer jedenfalls nicht sämtliche seiner Rechte genommen werden. Ob es zulässig ist, dem in elektronischer Form teilnehmenden Wohnungseigentümer zwar die Möglichkeit einzuräumen, die Versammlung mitverfolgen zu können, ihm aber kein Stimmrecht einzuräumen, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Zwar bleibt es dem Wohnungseigentümer in solchen Fällen unbenommen, einem physisch teilnehmenden Wohnungseigentümer eine Stimmrechtsvollmacht und im Wege der Fernkommunikation Weisungen bezüglich der Stimmabgabe zu erteilen. Allerdings kann man insoweit auch mit einem Verstoß gegen § 19 Abs. 1 WEG argumentieren, wonach die Wohnungseigentümer über die Verwaltung und Benutzung des Gemeinschaftseigentums durch Beschluss entscheiden können müssen und die Wohnungseigentümer nicht gezwungen werden können, hiermit einen anderen Wohnungseigentümer zu bevollmächtigen. Zumindest aus diesseitiger Sicht besteht kein Anlass, den elektronisch teilnehmenden Wohnungseigentümern ihr Stimmrecht zu nehmen, wenn sich die Stimmabgabe aufgrund des verwendeten Übermittlungswegs bzw. der zum Einsatz kommenden Konferenzsoftware eindeutig ermitteln lässt.
Für den Versammlungsleiter muss während der gesamten Dauer der Wohnungseigentümerversammlung und zu jedem Tagesordnungspunkt die Überprüfung der Mehrheitsverhältnisse möglich sein, um zuverlässig die Beschlussergebnisse verkünden zu können. Auch muss die Legitimation jedes Wohnungseigentümers wie bei einer Präsenzteilnahme erfolgen. Hier sollte eine Identifizierung im Wege einer Registrierung über Login-Maske unter Verwendung zuvor vergebener Zugangscodes (PIN) erfolgen. Notfalls dürfte es auch ausreichen, dass der teilnehmende Wohnungseigentümer seinen Personalausweis mit Lichtbild in seine Kamera hält, sodass die Identifizierung auf diese Weise sicher erfolgen kann. Sollte eine geheime Abstimmung zu einzelnen Tagesordnungspunkten vorgesehen sein, ist eine Konferenzsoftware zu nutzen, die eine verborgene Chateingabe nur für den Versammlungsleiter sichtbar erlaubt.
Ob die konkrete Konferenzsoftware bzw. der elektronische Übertragungsweg im Beschluss zu regeln ist, oder ob es möglich und ausreichend ist, die entsprechende Entscheidung dem Verwalter ggf. in Rücksprache mit dem Verwaltungsbeirat zu überlassen, wird unterschiedlich beurteilt. Eine konkrete Festlegung fordert das AG Heidelberg, eine Entscheidungsdelegation für ausreichend hält das AG München. Zur Vermeidung jeglicher Anfechtungsrisiken sollte die konkrete Konferenzsoftware bzw. der elektronische Übertragungsweg ausdrücklich im Beschluss geregelt werden.
TOP XX: Teilnahme an Eigentümerversammlungen in elektronischer Form
Auf Grundlage des § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG beschließen die Wohnungseigentümer, dass Wohnungseigentümer grundsätzlich an Wohnungseigentümerversamm...