Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Nichtladung eines Eigentümers
Untervollmachtserteilung durch den Verwalter bei Abstimmungsvollmacht an ihn
Behandlung von untergeordneten Themen unter TOP "Verschiedenes"
Normenkette
§ 23 Abs. 2 WEG, § 24 Abs. 4 WEG, § 25 WEG, § 167 BGB
Kommentar
1. Wird ein Eigentümer nicht zur Versammlung geladen und nimmt er deshalb an ihr auch nicht teil, so führt dies auf Anfechtung hin zur Ungültigkeit der Eigentümerbeschlüsse, es sei denn, es steht fest, dass die Beschlüsse bei ordnungsgemäßer Ladung ebenso gefasst worden wären (vgl. bereits BayObLGZ 1985, 436/437). Die Entscheidung über die Ursächlichkeit eines Einladungsfehlers liegt im Wesentlichen im tatsächlichen Bereich, sodass sie vom Tatrichter zu treffen und vom Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler hin überprüft werden kann (vorliegend kein Rechtsfehler angenommen). Andere sachliche Einwände gegen die Beschlussfassung waren antragstellerseits nicht vorgebracht. Ein Verstoß gegen § 23 Abs. 2 WEG (Beschlussgegenstandsbeschrieb in der Ladung) führt in aller Regel auch nur dann zur Ungültigkeit des betroffenen Beschlusses, wenn der Beschlussgegenstand in allen Einladungen nicht oder nicht ausreichend bezeichnet war; wenn nur ein einzelner Eigentümer keine Tagesordnung erhielt, führt dies eben nur zur Ungültigkeit, wenn der Beschluss auf diesem Mangel beruht.
2. Mangels anderweitiger Bestimmungen in der Gemeinschaftsordnung oder in einer speziellen Vollmacht kann der Verwalter auch hinsichtlich der ihm erteilten AbstimmungsvollmachtenUntervollmachten erteilen, soweit er damit nicht Weisungen über die Stimmrechtsausübung verbindet. An einer Versammlung nicht teilnehmenden und vollmachtgebenden Eigentümern kann nicht daran gelegen sein, ihre Vollmachten auch bei großer Häufung von Stimmen an den Verwalter unwirksam werden zu lassen. Wer für die Versammlung Abstimmungsvollmacht erteilt, wünscht im Zweifel auch, dass davon Gebrauch gemacht wird; deshalb liegt es im Interesse des Vollmachtgebers, dass der Verwalter zur Vermeidung der Unwirksamkeit der Vollmachtstimme Untervollmachten erteilt, sobald ihm mehr als im vorliegenden Fall nur die Kraft Vereinbarung zulässigen 3 Vollmachten (Vollmachtslimitierung) erteilt werden.
3. Unter dem TOP "Verschiedenes" wurde ein konkreter Beschluss über die Standortbestimmung eines Müllcontainers gefasst. Insoweit wurden die in der Versammlung anwesenden Eigentümer von dieser Beschlussfassung überrascht. Unter der Ankündigung "Verschiedenes" in einer Tagesordnung können allenfalls Angelegenheiten von untergeordneter Bedeutungabgedeckt werden, mit deren Erörterung jedermann rechnen muss.
Hierzu gehört ein Beschluss über den Standort des Müllcontainers nicht, da von diesem Lärm- und Geräuschbelästigungen ausgehen, von denen einzelne Eigentümer unterschiedlich betroffen sein können.
Link zur Entscheidung
BayObLG, Beschluss vom 05.04.1990, BReg 2 Z 14/90( BayObLG, Beschluss v. 5. 4. 1990, Az.: BReg 2 Z 14/90 = NJW-RR 13/90, 784)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
1. Wenn es im amtlichen Stichwort dieser Entscheidung heißt:
"Unter dem Tagesordnungspunkt "Verschiedenes" kann nur über Angelegenheiten von untergeordneter Bedeutung beschlossen werden", erscheint mir diese Aussage nicht ganz richtig; sie findet sich auch nicht in den Gründen der Entscheidung, wenn dort gesagt ist: "Die Ankündigung "Verschiedenes" in der Tagesordnung kann allenfalls Angelegenheiten von untergeordneter Bedeutung decken, mit deren Erörterung jedermann rechnen muss". Sicher können unter dem TOP "Verschiedenes" auch Beschlüsse gefasst werden, wobei dann jedoch alle solchermaßen gefassten Beschlüsse erfolgreich anfechtbar wären, ohne dass man auf die - übrigens schwer differenzierbare - Bedeutung eines Beschlusses abstellen sollte. Erfolgt keinerlei fristgemäße Beschlussanfechtung, wäre der Formmangel des § 23 Abs. 2 (nach h. R. M. abdingbar) geheilt. Es ist deshalb Versammlungsleitern m. E. zu empfehlen, vor beabsichtigter, konkreter, jedweder Beschlussfassung Eigentümer darauf hinzuweisen, dass eben unter einem solchen "Auffang-TOP" ("Verschiedenes", "sonstiges", "Diverses") anfechtungs- und risikofrei überhaupt keine Beschlüsse gefasst, allenfalls Angelegenheiten diskutiert und Anregungen für eine neuerliche Versammlung abgegeben werden könnten.
2. Im Übrigen war es m. W. bisher überwiegende Rechtsmeinung, dass eine weisungsfrei erteilte Vollmacht in der Weise auszulegen sei, dass sie grundsätzlich höchstpersönlich vom Vollmachtnehmer auszuüben sei. Bei Annahme dieser Meinung wäre tatsächlich bei Überschreitung einer vereinbarten Vollmachtslimitierung die Stimme eines Vollmachtgebers u. U. "untergegangen". Hier ist die Klarstellung des Senats zu begrüßen, dass diese Vollmachten im Interesse des oder der betreffenden vollmachtgebenden Eigentümer weisungsfrei weitergegeben werden können.
3. Zu anfechtungsweise gerügten Einladungsformmängeln bleibt das BayObLG i. ü. bei seiner verfestigten Rechtsprechung, dass Anfechtungsgegner na...