8.1 Wohnungseigentum
Vergleichbare Grundsätze gelten für die Frage, ob der Sondereigentümer eine Parabolantenne an der Fassade oder auf dem Balkon zu dulden hat. Auch bei dieser Maßnahme handelt es sich um eine bauliche Veränderung, auf die ein Wohnungseigentümer unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 3 WEG einen Anspruch auf Zustimmung haben kann. Die danach erforderliche Interessenabwägung ist nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmen.
Bei der Interessenabwägung sind folgende Grundrechte zu berücksichtigen:
- Auf Seiten des Nutzers: Die Grundrechte auf Religions- und Informationsfreiheit (Art. 4 und 5 GG)
- Auf Seiten der übrigen Eigentümer: Der Eigentumsgrundrechtsschutz (Art. 14 GG) wegen Verhinderung der optischen Beeinträchtigung.
Keines der Grundrechte geht dem anderen generell vor.
Kritierien der sehr umfangreichen Rechtsprechung sind u. a.
- fachgerechte und öffentlich-rechtlich zulässige Ausführung (z. B. kein Verstoß gegen Denkmalschutz)
- möglichst wenig störender Ort
- anderer Empfang ausreichender Sender nicht möglich
- keine erhebliche Beeinträchtigung der anderen Wohnungseigentümer.
8.2 Vermietete Eigentumswohnung
Bei einer vermieteten Eigentumswohnung ist die Entscheidung über das Recht des Mieters zur Installation einer Parabolantenne vom Vermieter zu treffen. Will dieser die Anbringung der Antenne im Bereich des Gemeinschaftseigentums (z. B. vor dem Fenster oder auf dem Balkon) genehmigen, ist er allerdings in seiner Entscheidung nicht frei.
WEG muss zustimmen
Vielmehr hat er zunächst die Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft einzuholen. Hierüber ist aufgrund einer Interessenabwägung zu entscheiden. Es gelten die gleichen Grundsätze wie vor. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat auch den Ort der Aufstellung zu bestimmen.
Verweigert der Vermieter die Erlaubnis, muss der Mieter den Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis gegenüber dem Vermieter klageweise geltend machen. Der Vermieter kann in diesem Verfahren grundsätzlich einwenden, dass er im Verhältnis zu den übrigen Wohnungseigentümern zu der Erteilung der Erlaubnis nicht berechtigt sei. Der Einwand setzt voraus, dass der Vermieter den ihm zustehenden Duldungsanspruch aus § 14 Nr. 3 WEG gegen die übrigen Wohnungseigentümer – ggf. gerichtlich – geltend macht. Die Wohnungseigentümer müssen die Interessen des Mieters so berücksichtigen, als wäre er Eigentümer. Für einen eventuellen Rechtsstreit zwischen den Eigentümern ist die WEG-Abteilung des Amtsgerichts zuständig. Bis zum Abschluss dieses Verfahrens kann das Amtsgericht den Rechtsstreit zwischen Mieter und Vermieter aussetzen.
Hat der Mieter die Parabolantenne angebracht, ohne den Vermieter zu fragen, kann ihn dieser auf Beseitigung der Antenne in Anspruch nehmen. Auch die Wohnungseigentümergemeinschaft kann gegen den Mieter nach § 1004 Abs. 1 BGB vorgehen und Beseitigung der Antenne verlangen. Für beide Verfahren sind die Amtsgerichte zuständig. Gegenüber dem Beseitigungsverlangen des Vermieters kann der Mieter einwenden, dass er ein Recht auf Anbringung der Antenne habe. Gegenüber dem Beseitigungsverlangen der Gemeinschaft aus § 1004 Abs. 1 BGB ist dieser Einwand nicht möglich. Weder sind die Wohnungseigentümer nach § 1004 Abs. 2 BGB gegenüber dem Mieter zur Duldung verpflichtet noch entfaltet § 14 Nr. 3 WEG eine Schutzwirkung zugunsten des Mieters. Auch verfassungsrechtlich ist diese Rechtsfolge nicht zu beanstanden, weil dem Mieter gegenüber dem Vermieter vertragliche Rechte zustehen.