Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Muss ein Eigentümer für die Verwaltungsschuld eines Außengläubigers gesamtschuldnerisch haften, kann er seine Zahlung gegenüber den laufenden monatlichen Wohngeldvorschüssen ähnlich einer Notgeschäftsführung der Gemeinschaft gegenüber aufrechnen
Normenkette
(§ 28 Abs. 3 und 5 WEG; § 389 BGB)
Kommentar
1. Wird ein für eine Verwaltungsschuld gesamtschuldnerisch haftender Wohnungseigentümer durch die Aufrechnung des Außengläubigers gezwungen, Verwaltungsschulden der Gemeinschaft zu begleichen, liegt ein der Notgeschäftsführung vergleichbarer Tatbestand vor, der den Wohnungseigentümer berechtigt, seinerseits gegen laufende monatliche Wohngeldvorschüsse aufzurechnen, wenn an sich der Verwalter im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung die Außenverbindlichkeit aus der Gemeinschaftskasse zu erfüllen gehabt hätte.
2. Es ging im Streit um die Jahreswohngeldforderung der Gemeinschaft gegen die Antragsgegnerin unter Hinweis auf einen früheren, bestandskräftig gewordenen Beschluss über die Fortdauer eines Wirtschaftsplans (einschließlich der Einzelwirtschaftspläne) und die Jahresfälligkeit einer Vorauszahlungssumme bei Rückstand von 2 Monatsteilbeträgen sowie Verfahrensführung des Verwalters im eigenen Namen. Vom Senat wurde zwar die Wohngeldverpflichtung bestätigt, allerdings auch die Aufrechnung der Antragsgegnerseite mit einer Gegenforderung gegen die Gemeinschaft, welche aus einer gesamtschuldnerischen Haftung einem Außengläubiger gegenüber (durch erklärte Aufrechnung des Gläubigers) entstanden war.
Der Senat bejahte nochmals die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft zur Fortgeltung des bisherigen Wirtschaftsplans als Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechender Beschlussentscheidung (vgl. Senat v. 27.2.2002, NZM 2002, 294 und insoweit verneinter Dauerregelung unter Berücksichtigung der BGH-Entscheidung v. 20.9.2000, NJW 2000, 3500).
3. Wird ein für eine Verwaltungsschuld gesamtschuldnerisch haftender Eigentümer durch die Aufrechnung des Außengläubigers gezwungen, Verwaltungsschulden der Gemeinschaft zu begleichen, liegt ein der Notgeschäftsführung vergleichbarer Tatbestand vor, der den Eigentümer berechtigt, gegen laufende monatliche Beitragsvorschüsse aufzurechnen, ebenso wie der Verwalter die Verwaltungsschuld aus der Gemeinschaftskasse hätte erfüllen sollen (zu erfüllen gehabt hätte). Dieser Fall ist nicht anders zu beurteilen, als wenn der Wohnungseigentümer selbst die Verwaltungsschuld gegenüber dem Außengläubiger zu diesem Zeitpunkt freiwillig erfüllt hätte. Dass eine Aufrechnung nach § 389 BGB rückwirkende Kraft hat, ist für den Zeitpunkt des Erlöschens der beiderseitigen Forderungen erheblich, nicht aber für die Zuordnung der Aufrechnungserklärung zu der Wirtschaftsperiode, in welcher die Aufrechnung erklärt wird. Vorrangig ist der Rechtsgedanke, ob der Verwalter im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung aus der Gemeinschaftskasse die Außenverbindlichkeit zu erfüllen gehabt hätte (was hier zu bejahen war).
4. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswert III. Instanz von 2.178,10 EUR.
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 29.05.2002, 24 W 185/01)
Da im zitierten Eigentümerbeschluss nicht nur die Fortdauer des Wirtschaftsplans beschlossen wurde, sondern offensichtlich auch – vermutlich entgegen getroffener Fälligkeitsvereinbarungen – auch eine Wohngeldjahresvorauszahlungsschuld (in Raten gestundet mit Schuld der restlichen Jahressumme bei Rückstand zweier Monatsteilbeträge), hätte sich der Senat m.E. auch mit einer solchen evtl. geänderten Vorauszahlungsfälligkeit (im Rahmen der Beschlusskompetenzfrage im Anschluss an die Entscheidung des BGH v. 20.9.2000) in diesem Wohngeldvorauszahlungs-Inkassoverfahren beschäftigen müssen; davon abzusehen wäre allenfalls dann, wenn tatsächlich keine Monatsvorauszahlungsfälligkeiten in der betreffenden Gemeinschaftsordnung vereinbart gewesen sein sollten. Die hier bejahte Aufrechnung der "aktuellen" Gemeinschaft gegenüber, ähnlich einer Aufrechnung gegen Forderungen aus Notgeschäftsführung eines Eigentümers im Interesse der Gemeinschaft, dürfte demgegenüber kritiklos bleiben.