Leitsatz
Bei einer Dreieckskonstellation zwischen Telefonkunden, Telekommunikationsunternehmen und Verbindungsnetzbetreiber hat letzterer nach § 812 BGB auch dann eine Zahlung erlangt, wenn die Zahlung vom Kunden an das Telekommunikationsunternehmen erfolgte. Zudem wird kein Vertrag zwischen dem Telefonkunden und dem Verbindungsnetzbetreiber geschlossen.
Sachverhalt
Der Kläger hatte seinen Telefonanschluss bei der Deutschen Telekom AG. Der Beklagte stellte als sogenannter Verbindungsnetzbetreiber Verbindungen aus Teilnehmernetzen in andere Telekommunikationsnetze her. Der Kläger hatte angeblich die Dienste des Verbindungsnetzbetreibers in Anspruch genommen. Die entsprechende Rechnung der Deutschen Telekom AG beinhaltete die vermeintliche Forderung des Beklagten. Der Kläger war der Auffassung, dass die Forderung nicht berechtigt sei. Dennoch überwies er den strittigen Betrag unter Vorbehalt an die Deutsche Telekom AG. Nunmehr verlangte der Kläger vom Beklagten die in Rede stehende Summe aus § 812 BGB zurück. Nach der Ansicht des BGH geschah dies zu Recht.
Der BGH stellte zunächst fest, dass der beklagte Verbindungsnetzbetreiber i.S. von § 812 BGB "etwas erlangt" habe, obwohl die Zahlung an die Deutsche Telekom AG erfolgt ist. Die Telekom werde insoweit als "Inkasso- undZahlstelle" des Verbindungsnetzbetreibers tätig. Dies werde dadurch besonders deutlich, dass der beklagte Verbindungsnetzbetreiber, bevor die Zahlung durch den Kläger erfolgte, auch eigene Inkassoversuche unternommen hat.
Für den Empfang der Zahlung gäbe es auch keinen Sachgrund nach § 812 BGB. Insbesondere sei kein Vertrag zwischen dem Kläger als Telefonkunden und dem Beklagten zustande gekommen. Für einen durchschnittlich verständigen und informierten Telefonkunden sei (mit Ausnahme des call-by-call-Verfahrens) die vertragliche Leistungskette zwischen der Deutschen Telekom AG und dem Verbindungsnetzbetreiber nicht erkennbar. Vom entscheidenden objektiven Empfängerhorizont sei vielmehr nur ein Vertrag zwischen dem Telefonkunden und der Telekom geschlossen worden. Der Verbindungsnetzbetreiber sei insofern bloß als Hilfsperson der Telekom anzusehen. Zudem spräche auch die Interessenlage des Telefonkunden für diese Betrachtung. Ansonsten hätte der Telefonkunde für ein und dasselbe Geschäft sowohl einen Vertrag mit der Telekom als auch mit dem Verbindungsnetzbetreiber geschlossen. Dies erhöhte jedoch das Risiko wegen einer Forderung von mehreren Gläubigern in Anspruch genommen zu werden.
Schlussendlich kann sich der Beklagte auch nicht auf eine Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen, da der Telefonkunde nur unter Vorbehalt gezahlt und der Beklagte dem nicht widersprochen hatte (§ 820 Abs. 1 Satz 1 BGB analog).
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 20.10.2005, III ZR 37/05.