FinMin Thüringen, Erlaß v. 2.9.2002, S 3219h A - 11 - 204 (S)
Nach § 132 Abs. 2 Satz 1 Bewertungsgesetz (BewG) unterblieb eine Feststellung des Einheitswerts für (Miet-)Wohngrundstücke, wenn auf den 1.1.1991 für die wirtschaftliche Einheit ein Einheitswert nicht festgestellt wurde oder nicht festzustellen war. In diesen Fällen war die Grundsteuer nach § 42 Grundsteuergesetz (GrStG) nach der Ersatzbemessungsgrundlage Wohn-/Nutzfläche zu bemessen.
Davon abweichend war ein Einheitswert für ein Mietwohngrundstück festzustellen, wenn er für die Festsetzung anderer Steuern als der Grundsteuer benötigt wurde § 132 Abs. 2 Satz 2 BewG).
War das Mietwohngebäude auf fremdem Grund und Boden errichtet worden, so war für das Grundstück ein Einheitswert festzustellen und ein Grundsteuermessbetrag festzusetzen. Das aufstehende Gebäude verblieb jedoch in der Ersatzbemessungsgrundlage nach § 42 GStG.
Hatte der Gebäudeeigentümer den Grund und Boden erworben, so war der Zusammenführung von Grund und Boden und Gebäude durch eine Art – und Wertfortschreibung des Einheitswerts § 22 BewG) Rechnung zu tragen.
Es wurde die Frage gestellt, welche bewertungsrechtlichen Folgerungen zu treffen sind, wenn ein Antrag auf Abbruch eines Mietwohngebäudes nach dem Programm „Stadtumbau Ost” bzw. nach Maßgabe der Vorschriften des Altschuldenhilfegesetzes (AHG) gestellt und (nach Erstellung eines integrierten städtebaulichen Konzepts) genehmigt wird.
Dazu wird folgende Auffassung vertreten:
1. Abbruch im Jahr der Antragstellung:
In diesen Fällen ist die wirtschaftliche Einheit zu dem auf den Abbruch folgenden Feststellungszeitpunkt stets als unbebautes Grundstück zu bewerten.
2. Abbruch zu einem späteren Zeitpunkt:
2.1 Einheitswert für die wirtschaftliche Einheit Mietwohngrundstück vorhanden:
2.1.1 Abbruchszeitpunkt festgeschrieben
Steht der Zeitpunkt (das Jahr) des Abbruchs fest, so ist ein Abschlag wegen der Notwendigkeit baldigen Abbruchs aus städtebaulichen Gründen zu gewähren. Diesem Tatbestand ist durch die Wertfortschreibung des Einheitswerts Rechnung zu tragen.
2.2 Mietwohngrundstück nach § 42 GrStG
2.2.1 Abbruchszeitpunkt festgeschrieben
In diesen Fällen ist für die wirtschaftliche Einheit zu dem auf den Abbruch folgenden Feststellungszeitpunkt erstmalig ein Einheitswert für das nunmehr unbebaute Grundstück festzustellen.
2.2.2 wie vor, jedoch erste bauliche Maßnahmen vor Beginn des Abbruchs
Wird das Mietwohngebäude zur Vorbereitung des Abbruchs leergezogen und werden sodann bauliche Maßnahmen durchgeführt, die dazu führen, dass die vorhandenen Wohnräume nicht mehr als Wohnungen i.S. des Bewertungsrechts anzusehen sind, so ist das Gebäude nicht mehr der Grundstückshauptgruppe Mietwohngrundstück sondern der Grundstückshauptgruppe Sonstige bebaute Grundstücke zuzuordnen. Dies hat zur Folge, dass die Voraussetzungen der Grundsteuerfestsetzung nach § 42 GrStG entfallen und für das Grundstück auf den der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse folgenden Feststellungszeitpunkt ein Einheitswert (Nachfeststellung gem. § 23 BewG) festzustellen ist. Bei der Ermittlung des Gebäudewerts ist in Anlehnung an den gleich lautenden Erlass vom 21.7.1994 (hier: Tz 4.2.2.18) der Raummeterpreis für Wohnräume in Höhe von 20 DM/cbm anzusetzen. Abschläge wegen behebbarer Baumängel und Bauschäden sind nicht zu gewähren. Dem bevorstehenden Abbruch des Gebäudes ist durch Gewährung eines Abschlags wegen der Notwendigkeit baldigen Abbruchs Rechnung zu tragen.
Beispiel:
Das Wohnungsunternehmen A erhält im Jahr 2001 für den Abbruch eines Mietwohngebäudes (Baujahr 1977) die Zusage einer Förderung nach dem AHG. Das städtebauliche Konzept sieht für die Grundstücksfläche nach Abbruch eine Widmung als öffentliche Grünanlage vor. Die örtlich zuständige Baubehörde hat die Genehmigung zum Abbruch erteilt. Die Wohnungsbaugesellschaft betreibt nunmehr den systematischen und sozial verträglichen Leerzug des bisherigen Mietwohngebäudes. Noch im Jahr 2001 werden sodann sämtliche Türen mit Ausnahme der Hauseingangstür und alle Küchenanschlüsse entfernt. Das Gebäude wird im Jahr 2002 abgebrochen.
Lösung:
Zum Feststellungszeitpunkt 1.1.2002 ist ein Einheitswert für das nunmehr sonstige bebaute Grundstück festzustellen.
Der Gebäudewert errechnet sich wie folgt:
Umbauter Raum: 18.000 cbm × Raummeterpreis: 20 DM/cbm |
= 360.000 DM |
Abschlag wegen der Notwendigkeit baldigen Abbruchs: |
Alter im Feststellungszeitpunkt |
× |
100 % |
= |
25 × 100 |
= |
96,1 % |
= 345.960 DM |
verkürzte Gesamtlebensdauer |
26 |
verbleiben: |
14.040 DM |
zuzüglich Bodenwert: 1.100 qm × 10 DM/qm = |
11.000 DM |
Einheitswert (abgerundet nach § 30 BewG) |
25.000 DM (12.782 EUR) |
Ist einer wirtschaftlichen Einheit eine Grundstücksfläche nicht eindeutig zuzuordnen, so ist bei der Ermittlung des Einheitswerts als Grundstücksfläche das fünffache der bebauten Fläche zugrunde zu legen.
Ich bitte, die Finanzämter entsprechend zu unterrichten.
Normenkette
BewG § 22
BewG § 23
BewG § 30
BewG § 132 Abs. 2;
GrStG § 42