FinMin Hamburg, Erlaß v. 8.12.2016, S 2296 a - 2016/002 - 52
Bezug: BMF-Schreiben vom 3.11.2016 (BStBl 2016 I S. 1187)
Bund und Länder haben neue Anwendungsregeln zu § 35 EStG beschlossen und den Erlass vom 24.2.2009 (BStBl 2009 I S. 440) überarbeitet.
Der Erlass enthält drei wesentliche Neuerungen, nämlich:
- Änderung bei der ESt-Veranlagung, Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags nach § 35 Absatz 1 Satz 2 EStG: negative Einkünfte sind jetzt nicht mehr unberücksichtigt zu lassen, sondern mit anderen positiven Einkünften innerhalb der jeweiligen Einkunftsart zu saldieren (Rn. 16 – 18)
- Änderung bei der (einheitlichen und) gesonderten Gewinnfeststellung; diejenigen gewerblichen Einkünfte, die bei der ESt-Veranlagung der Feststellungsbeteiligten nicht bei der Ermittlung ihres jeweiligen Ermäßigungshöchstbetrags zu berücksichtigen sind, sollen jetzt als weitere Besteuerungsgrundlage (einheitlich und) gesondert festgestellt werden (Rn. 32, Rn. 16 letzter Absatz, Rn. 33 2. Absatz, mit Beispielen)
- Änderung bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung zur Verteilung des Gewerbesteuer-Messbetrags auf mehrere Mitunternehmer nach § 35 Absatz 2 EStG, wenn es im laufenden Veranlagungszeitraum Veränderungen im Mitunternehmerbestand gegeben hat (Rn. 28).
Dazu im Einzelnen:
Zu 1.
Der BFH hat mit Urteil 23.6.2015, III R 7/14, BStBl 2016 II S. 871, die bisherige (einkunfts-) quellenbezogene Betrachtungsweise der Finanzverwaltung (s. dazu den Erlass vom 24.2.2009, Rn. 16) und den sich daraus ergebenden Ausschluss des horizontalen Verlustausgleichs abgelehnt und stattdessen festgestellt, dass bei der Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags nach § 35 Absatz 1 Satz 2 EStG innerhalb jeder Einkunftsart positive und negative Ergebnisse aus verschiedenen Einkunftsquellen (z.B. Betrieben) zu saldieren sind. Ist auch der Saldo der jeweiligen Einkunftsart negativ, bleibt er bei der Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags unberücksichtigt, ein vertikaler Verlustausgleich findet nach wie vor nicht statt (s. dazu Beispiel 1 in Rn. 17 des neuen Erlasses).
Bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten bleibt dieser horizontale Verlustausgleich auf den jeweiligen Ehegatten beschränkt, zu einer Saldierung mit Einkünften des anderen Ehegatten aus der gleichen Einkunftsart kommt es nicht (s. dazu Beispiel 2 in Rn. 17).
Diese neue, innerhalb der Einkunftsarten saldierende Berechnungsmethode kann sich sowohl bei der Berechnung der „Summe der positiven gewerblichen Einkünfte” als auch bei der „Summe aller positiven Einkünfte”, also auf Zähler und Nenner des Ermäßigungshöchstbetrags nach § 35 Absatz 1 Satz 2 EStG, auswirken und daher, im Vergleich zu der bisherigen Verwaltungspraxis, besser oder schlechter für den jeweiligen Steuerpflichtigen sein, abhängig von seiner gesamten Einkünftesituation.
Zu 2.
Die bisherige Rn. 14, unter der der Begriff der „gewerblichen Einkünfte i.S. des § 35 EStG” erläutert wurde, wurde grundlegend überarbeitet. Nach neuer Verwaltungsauffassung sind gewerbliche Einkünfte i.S. des § 35 Absatz 1 EStG nur noch die vom Einkommensteuerpflichtigen selbst erzielten (ggfs. anteiligen) Einkünfte, was sich auf die Ermittlung seines Ermäßigungshöchstbetrags nach § 35 Absatz 1 Satz 2 EStG auswirken kann.
Davon betroffen sind vor allem bestimmte, von Mitunternehmerschaften erzielte Einkünfte wie (anteilige) Tonnagegewinne nach § 5a Absatz 1 EStG (neuer Erlass Rn. 16 letzter Absatz) und gewerbesteuerpflichtige Veräußerungs- und Aufgabegewinne i.S. des § 7 Satz 2 GewStG (neue Rn. 23 und 33). Die Zuordnung der anteiligen Gewerbesteuermessbeträge zu den einzelnen Mitunternehmern gemäß § 35 Absatz 2 EStG erfolgt in diesen Fällen unverändert wie bisher.
In die Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags bei der ESt-Veranlagung des jeweiligen Mitunternehmers fließen jedoch nach neuer Verwaltungsauffassung nur insoweit gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 35 EStG ein, als er sie selbst im Rahmen der Mitunternehmerschaft verwirklicht hat bzw. sie ihm bei der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung zugerechnet wurden. Es reicht also nicht aus, dass die Mitunternehmerschaft insgesamt solche zur Anwendung des § 35 EStG berechtigenden Einkünfte erzielt hat, sondern der jeweilige Gesellschafter selbst muss sie, entsprechend den Feststellungen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung, erzielt haben, damit diese Einkünfte in seiner anschließenden ESt-Veranlagung bei der Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags nach § 35 Absatz 1 Satz 2 EStG berücksichtigt werden können.
Tonnagebesteuerte Einkünfte nach § 5a Absatz 1 i.V.m. Absatz 5 Satz 2 EStG
Beispiel
An einer KG mit Gewinnermittlung nach § 5a EStG (Tonnagesteuer) sind drei natürliche Personen A, B, C beteiligt. Laut Gewinnverteilungsabrede verteilt sich der laufende, nach § 5a Absatz 1 EStG pauschal besteuerte Gewinn zu jeweils einem Drittel auf die Mitunternehmer; außerdem erhalten B und C nach § 5a Absatz 4a EStG dem Gewinn nach § 5a Absatz 1 EStG hinzuzurechnende Sondervergütungen in Höhe vo...