Dr. iur. Stefan Lammel, Dr. Jan Henning Martens
Leitsatz
Eine GmbH-Satzung kann vorsehen, dass die Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit über die Einrichtung eines Beirats beschließen kann. Bei der Abgabe der Stimmen darf ein Mehrheitsgesellschafter eigene Interessen gegenüber dem Minderheitsgesellschafter verfolgen.
Sachverhalt
Die Parteien stritten über die Wirksamkeit zweier Gesellschaftsbeschlüsse, durch die unter anderem die Einrichtung eines Beirats bei der Media-Saturn Holding GmbH beschlossen wurde. Die klagende Minderheitsgesellschafterin ist mit rund 20 % und die Mehrheitsgesellschafterin, die METRO Holding, mit über 75 % Gesellschafterin der Media-Saturn Holding GmbH. Die Klägerin hielt die Beschlüsse für unwirksam. Sie meinte, die Metro verfolge mit der Einrichtung des Beirats und entsprechender Kompetenzverlagerung von der Gesellschafterversammlung auf den Beirat die Aushebelung der satzungsmäßig festgelegten Sperrminorität der Minderheitsgesellschafter.
Entscheidung
Das OLG München bestätigte, dass die Beschlüsse über die Einrichtung eines Beirats in der Media-Saturn Holding GmbH rechtmäßig waren. Die Satzung der Gesellschaft sah die Möglichkeit der Errichtung eines Beirats mit einfacher Stimmenmehrheit vor, ohne dass es hierfür eines besonderen Grundes bedurfte. Die Umsetzung einer in der Satzung vorgesehenen Beschränkung des Einflusses der Minderheitsgesellschafter sei selbst dann nicht treuwidrig, wenn der Mehrheitsgesellschafter tatsächlich Entscheidungen einfacher und ohne Sperrminorität treffen möchte.
Hinweis
Viele GmbHs verfügen neben der Gesellschafterversammlung auch über einen Beirat. Die Funktionen eines Beirates reichen dabei von rein beratenden Tätigkeiten über Aufsichts- und schiedsrichterliche Aufgaben, der Vorbereitung einer Unternehmensnachfolge bis zur Ausübung von Zustimmungsvorbehalten und Befugnissen, die sonst der Gesellschafterversammlung zustehen. Soll der Beirat ähnlich wie die Gesellschafterversammlung bindende Beschlüsse fassen können, also "organschaftliche Befugnisse" haben, muss die Möglichkeit der Errichtung des Beirates in der Satzung vorgesehen sein. Hinsichtlich Größe, Besetzung, Kompetenzen und innerer Ordnung des Beirats besteht große Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter, gesetzliche Anforderungen gibt es hierfür nicht. Lediglich die vom Gesetz zwingend den Gesellschaftern und Geschäftsführern zugewiesenen Aufgaben sind nicht übertragbar. Durch das Urteil des OLG München kann auch der Einfluss der Minderheitsgesellschafter - selbst bei einer bestehenden Sperrminorität - durch den Beirat beschränkt werden. Das ist durch das allgemeine Gebot der Rücksichtnahme auf die Interessen der Minderheit nicht selbstverständlich andererseits sind dessen Rechte von vornherein mit der satzungsgemäßen Möglichkeit der Einrichtung eines Beirats latent belastet, so dass die Nutzung dieser Möglichkeit keinen Missbrauch darstellt.
So kann gewissermaßen "durch die Hintertür" der Mehrheitsgesellschafter seine Interessen verstärkt durch den Beirat durchsetzen. Bei der satzungsmäßigen Regelung eines Beirates ist eine solche Möglichkeit sorgfältig zu bedenken. Dementsprechend sollten aus Sicht der Minderheitsgesellschafter bereits in der Satzung Regelungen zum Minderheitenschutz auch im Falle der Einrichtung eines Beirates getroffen werden. Nach wie vor ist jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob Entscheidungen des Beirates die Interessen des Minderheitsgesellschafters treuwidrig verletzen.
Dem Missbrauch ist dennoch nicht Tür und Tor geöffnet. Denn die Beiratsmitglieder sind den Interessen der Gesellschaft und nicht dem Gesellschafter verpflichtet! Verstoßen sie hiergegen, machen sie sich ggf. schadensersatzpflichtig.
Link zur Entscheidung
OLG München, Urteil vom 09.08.2012, 23 U 4173/11