Leitsatz
In diesem Rechtsbeschwerdeverfahren ging es um die Frage, ob eine Prozesspartei eine Kapital-Lebensversicherung vor Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe für die Prozesskosten einzusetzen hat.
Sachverhalt
Die Parteien stritten in zweiter Instanz um die Höhe des Trennungsunterhalts der Klägerin. Für ihre Rechtsverteidigung in der zweiten Instanz beantragte die 50-jährige Klägerin ebenso wie der Beklagte, der sich mit seinem Rechtsmittel gegen die erstinstanzliche Verurteilung wehrte, Gewährung von Prozesskostenhilfe. Sie unterhielt ebenso wie der Beklagte eine Anwartschaft bei einer Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert von 10.731,00 EUR nebst Überschussanteilen von 3.079,00 EUR.
Das OLG hat sowohl den PKH-Antrag der Klägerin als auch den des Beklagten mit der Begründung abgelehnt, die Beteiligten hätten ihre jeweiligen Lebensversicherungen als Vermögen i.S.v. § 115 Abs. 3 ZPO für die Prozesskosten einzusetzen.
Hiergegen richtete sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin, die in der Sache keinen Erfolg hatte.
Entscheidung
Der BGH folgte der vom OLG vertretenen Auffassung, wonach auch die Lebensversicherung der Klägerin für die Prozesskostenhilfe einzusetzen sei, da ihr Rückkaufswert das zu belassende Schonvermögen übersteige und die Verwertung nicht unzumutbar sei. Die Klägerin müsse die Lebensversicherung nicht zwingend verkaufen oder vorzeitig auflösen, sie könne jedoch hierauf ein sog. Policendarlehen aufnehmen.
Der BGH wies in seiner Entscheidung auf den Meinungsstreit zu Verwertbarkeit von Lebensversicherungen für Prozesskosten hin. Er schloss sich der Auffassung an, wonach die Frage, ob der Einsatz einer Lebensversicherung unzumutbar sei und eine Härte i.S.v. § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 3 SGB XII darstelle, jeweils anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls zu beantworten sei (OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 1917; OLG Stuttgart FamRZ 2008, 2290; FamRZ 2009, 1850; OLG Köln FamRZ 2004, 382; OLG Frankfurt FamRZ 2006, 135; OLG Zweibrücken FamRZ 2008, 524; OLG Hamburg FamRZ 2001, 925; OLG Celle FamRZ 2007, 913; OLG Koblenz OLGReport Koblenz 2005, 887; MünchKomm/Motzer ZPO, 3. Aufl., § 115 Rz 65).
Die beiden anderen Auffassungen, wonach die Hilfsbedürftige generell nicht auf die Kündigung bzw. den Verkauf einer Lebensversicherung und die Verwendung des Rückkaufswertes für die Prozesskosten verwiesen werden dürfe und die Auffassung, dass eine Lebensversicherung unabhängig davon, ob sie der Altersversorgung dienen solle, zur Deckung der Prozesskosten einzusetzen sei, widerspräche sowohl dem Gesetzeswortlaut als auch Sinn und Zweck der Regelungen. Abgesehen von bereits nach § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII geschütztem Kapital und seiner Erträge, sei eine Lebensversicherung grundsätzlich für die Prozesskosten zu verwerten, soweit ihr durch Kündigung, Verkauf oder Beleihung erzielbarer Wert das Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. b der Versorgung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII übersteige.
Es entspreche der gesetzgeberischen Wertung, dass Lebensversicherungen auch dann als Vermögensbestandteil für die Prozesskosten herangezogen werden könnten, wenn deren Beiträge nach Maßgabe des § 115 Abs. 1 S. 3 ZPO i.V.m. § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII vom Einkommen abziehbar seien. Der Gesetzgeber habe diese Fallgruppe gesehen und in engen Grenzen im Rahmen des § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII geregelt.
Auch werde im Fall der Beleihung die Altersversorgung nicht aufgelöst, sondern lediglich verringert. Der BGH wies deutlich darauf hin, dass es seines Erachtens richtig sei, den Einsatz einer Kapitallebensversicherung für die Prozesskosten anhand der gesetzlichen Kriterien nach §§ 115 Abs. 3 ZPO, 90 SGB XII zu beurteilen, die vom Grundsatz der Einsetzbarkeit des gesamten Vermögens ausgingen und den Schutz einzelner Vermögensbestandteile als Ausnahme besonders regelten.
Die Verwertung der Lebensversicherung könne eine Härte begründen, wenn diese unwirtschaftlich sei oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwere. Entsprechende Umstände seien von dem Antragsteller darzulegen.
Eine Verwertung stelle nicht schon deswegen eine Härte dar, weil sie unwirtschaftlich wäre. Auf die Frage des Verhältnisses von Rückkaufswert und eingezahlten Beträgen komme es hier nicht an, weil das OLG zutreffend auf die Möglichkeit einer Beleihung durch ein sog. Policendarlehen hingewiesen habe.
Bei einer Beleihung der Versicherungspolice entstehe anders als bei einem Verkauf oder der Kündigung lediglich durch die Verzinsung Verluste, da auch bei unterbleibender Rückzahlung bis zum Ende der Laufzeit nur die beliehene Summe von der Versicherungsleistung in Abzug gebracht werde.
Die Zinslast als solche sei grundsätzlich hinzunehmen (vgl. hierzu BGH v. 15.11.1989 - IVb ZR 70/89, FamRZ 1990, 389).
Etwas anderes gelte allenfalls dann, wenn die Partei die Zinsen nicht aufbringen könne, weil kein im Rahmen der Prozesskostenhilfe einzusetzendes Vermögen zur Verfügung stehe un...