Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 13 WEG, § 14 WEG, § 15 WEG, § 21 WEG
Kommentar
1. In einer in der Gemeinschaftsordnung enthaltenen Hausordnung war bestimmt:
"Haustiere können gehalten werden, soweit nicht die Mehrheit der Miteigentümer auf Abschaffung besteht. Die Abschaffung von Haustieren kann dann verlangt werden, wenn sie durch Geräusche, Geruch oder Anziehen von Ungeziefer eine Belästigung für die Bewohner darstellen. Hunde sind im Haus und beim Verlassen des Hauses an der Leine zu führen. Die Gartenanlagen dürfen nicht dem Auslauf der Hunde dienen. Verunreinigungen durch Haustiere, soweit sie im Haus oder vor dem Haus erfolgen, sind vom Tierhalter unaufgefordert sofort zu beseitigen."
Nachfolgend beschloss die Gemeinschaft u.a., dass "zukünftig vor der Anschaffung von Haustieren die Zustimmung der Verwaltung und des Beirats erforderlich sei".
Die Beschlussanfechtung zu diesem Beschlusspunkt wurde vom AG und LG zurückgewiesen.
2. Auch eine Hausordnung, die in einer Gemeinschaftsordnung bereits enthalten ist, kann im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung auch durch Mehrheitsbeschluss geändert werden; etwas anderes gilt nur dann, wenn die Auslegung der Hausordnung ergibt, dass diese nicht nur im formellen, sondern auch im materiellen Sinne Vereinbarungscharakter hat, d.h. in Ergänzung oder Abweichung vom Gesetz rechtsgestaltende Wirkung für alle Zukunft entfalten und deshalb nur einstimmig abgeändert werden soll (h.R.M.). Vorliegend handelt es sich bei den Hausordnungsregelungen nur um eine Konkretisierung der gegenseitigen Eigentümer-Pflichten bei der Tierhaltung (im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen der §§ 13 bis 15 WEG), die im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung auch inhaltlich durch einfachen Mehrheitsbeschluss geändert werden können.
3. Der Beschluss ist auch nicht wegen Unbestimmtheit nichtig. Der Begriff "Haustier" ist der Rechtsordnung nicht fremd; er hat etwa Eingang in § 833 Satz 2 BGB gefunden. Der Begriff ist i.Ü. der Auslegung fähig. Für die Bestimmtheit eines Beschlusses ist nicht erforderlich, dass jegliche Zweifelsfrage, die evtl. auftreten könnte, von vornherein ausgeschlossen ist, etwa infolge enumerativer Aufführung der betroffenen Tierarten. Ausreichend ist, dass es im Einzelfall möglich ist, durch entsprechende Auslegung zu einem eindeutigen Ergebnis zu gelangen; dies war vorliegend ohne weiteres zu bejahen. Dabei ist davon auszugehen, dass mit dem Beschluss sämtliche unter den Begriff "Haustier"fallenden Arten gemeint sind.
4. Der Beschluss beschränkt i.Ü. das Halten von Haustieren nicht willkürlich und rechtfertigt auch nicht eine gänzliche Untersagung; vielmehr lässt der Beschluss die materiellen Kriterien der nach wie vor geltenden Hausordnungsregelung unberührt. Er hat lediglich das Verfahren abweichend von der Hausordnungsabsprache geregelt. In Zukunft muss vor Anschaffung von Haustieren zunächst die Zustimmung von Verwaltung und Beirat eingeholt werden. Verwaltung und Beirat haben sich hier an die Grundsätze der §§ 27 und 29 WEG zu halten. Sie treffen deshalb nicht Grundsatzentscheidungen hinsichtlich der Befugnis zur Haustierhaltung, da letztere nach wie vor der Beschlussfassung durch die Gemeinschaft vorbehalten bleiben. Sind hier also Zustimmungsbefugnisse auf die genannten Verwaltungsorgane übertragen, so spricht dies dafür, dass ihre Entscheidungskompetenz nicht über ihre allgemeinen Befugnisse hinausgehen soll.
Damit ist der gefasste Beschluss dahin auszulegen, dass jeder Eigentümer einen Anspruch auf Zustimmung zur Haustierhaltung hat, soweit nicht schädliche Immissionen, insbesondere Geräusche, Geruch oder Anziehen von Ungeziefer von den Tieren ausgehen, die gem. § 14 Nr. 3 WEG von den übrigen Eigentümern nicht zu dulden sind. Ob diese Voraussetzung gegeben ist oder nicht, ist stets im Einzelfall zu prüfen. Dabei kann es durchaus eine Rolle spielen, ob die Tiere innerhalb oder (auch) außerhalb der Wohnung gehalten werden. Eine generelle Abgrenzung nach einzelnen Tierarten musste hingegen nicht in den Beschluss aufgenommen werden.
5. Auch außergerichtliche Kostenerstattung der unterlegenen Antragstellerseite bei Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren von DM 3.000.
Link zur Entscheidung
( LG Saarbrücken, Beschluss vom 09.10.1998, 5 T 312/98- noch nicht rechtskräftig -)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer