Leitsatz
- Ist der Sitz der Verwaltung am Ort der Wohnungseigentumsanlage, so hat grundsätzlich jeder Wohnungseigentümer nur einen Anspruch darauf, in den Räumen der Verwaltung Einsicht in die Verwaltungsunterlagen zu nehmen.
- Die Einsicht ist in Ausnahmefällen aber dann außerhalb der Büroräume des Verwalters zu gewähren, wenn die Wohnungseigentümer bei Einsicht in den Geschäftsräumen um seine körperliche Unversehrtheit fürchten muß.
Sachverhalt
Zwischen einem Wohnungseigentümer und dem Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage besteht seit längerem Streit über die Abrechnungen des Verwalters. Ein weiterer Wohnungseigentümer wollte Einsicht in die Verwaltungsunterlagen nehmen und vereinbarte einen entsprechenden Termin mit dem Verwalter. Zu diesem Termin begleitete ihn der andere Eigentümer, der ebenfalls Einsicht in die Unterlagen nehmen wollte. Der Verwalter verweigerte diesem jedoch den Zutritt zu seinen Büroräumen und wurde darüber hinaus handgreiflich.
Dieser Wohnungseigentümer begehrte daraufhin gegenüber dem Verwalter das Recht, die Verwaltungsunterlagen für drei Tage an einem neutralen Ort einsehen zu können, was der Verwalter verweigerte und statt dessen einen weiteren Termin zur Einsichtnahme in seinen Büroräumen anbot.
Entscheidung
Auch in dieser Entscheidung hatten die Richter zunächst die Feststellung zu treffen, daß die Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen grundsätzlich jedenfalls dann in den Räumen der Verwaltung zu erfolgen hat, wenn der Sitz der Verwaltung und der Ort der Wohnanlage identisch sind.
Hier besteht aber Anlaß genug, von diesem Grundsatz abzuweichen. Man könnte sich natürlich durchaus auf den Standpunkt stellen, die Tatsache, daß der Verwalter gegenüber dem Wohnungseigentümer handgreiflich geworden sei, sei völlig unbeachtlich, schließlich habe dieser ja auch keinen Termin mit dem Verwalter zur Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen vereinbart. Vor diesem Hintergrund hätte der Verwalter ja nur von seinem Hausrecht Gebrauch gemacht und dem Eigentümer den Zutritt verweigert. Aus den Handgreiflichkeiten folge jedenfalls keinesfalls das Recht des Eigentümers nunmehr Einsicht in die Unterlagen an einem neutralen Ort nehmen zu können. In diesem Zusammenhang sei mithin nicht zu befürchten, der Wohnungseigentümer sei weiteren Tätlichkeiten bei einem weiteren Termin zur Einsichtnahme ausgesetzt. So die Meinung des mit der Beschwerdeentscheidung des Wohnungseigentümers befaßten Landgerichts.
Daß man es sich doch nicht so leicht machen kann, zeigten dann die Richter des Oberlandesgerichts auf. Schließlich war der Eigentümer von dem Verwalter regelrecht zusammengeschlagen worden. Hier handelte es sich jedenfalls um einen tätlichen und durch nichts - weder mit Hausrecht noch mit fehlender Terminabsprache - zu rechtfertigenden und zu entschuldigenden Angriff seitens des Verwalters und nicht nur um eine bloße Handgreiflichkeit. Daher ist das Begehren des Wohnungseigentümers, Einsicht in die Unterlagen außerhalb der Geschäftsräume der Verwaltung zu nehmen und dessen Befürchtung vor einem neuen tätlichen Angriff, sollte die Einsichtnahme in den Verwaltungsräumen stattfinden, nachvollziehbar und begründet. Der Verwalter ist daher tatsächlich verpflichtet, dem Wohnungseigentümer außerhalb seiner Büroräume Einsicht in die Unterlagen zu gewähren.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 12.02.1998, 15 W 319/97
Fazit:
Meinungsverschiedenheiten sind verständlich und menschlich, daß aber das Verhalten des Verwalters strafrechtlichen Charakter hat, darf dabei nicht übersehen werden. Wird der Veralter gegenüber einzelnen Wohnungseigentümern handgreiflich, so stellt dies grundsätzlich einen wichtigen Grund zur sofortigen Abberufung und zur außerordentlichen Kündigung des Verwaltervertrags dar.