Leitsatz

Kernproblem dieser Entscheidung war die Frage der Zuständigkeit für ein Hauptsacheverfahren zum Umgangsrecht, nachdem eine einstweilige Anordnung hierzu bereits erlassen worden war und zwischenzeitlich ein Aufenthaltswechsel des Kindes stattgefunden hatte.

 

Sachverhalt

Die Antragstellerin begehrte Anfang November 2010 Verfahrenskostenhilfe für den Antrag, eine mit Beschluss vom 30.5.2010 ergangene einstweilige Anordnung über das Umgangsrecht mit ihrer Tochter Selina im Sinne eines erweiterten Umgangskontakts abzuändern.

Ihr Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wurde vom AG abgelehnt unter Hinweis auf die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts in der Hauptsache zum Umgangsrecht.

Der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes liege unstreitig seit dem 21.4.2010 bei dem Vater in Schorndorf. Das Kind habe sich dort dauerhaft niedergelassen und gehe dort auch zur Schule. Der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes sei in zulässiger Weise begründet worden, zumal mit gerichtlicher Entscheidung vom 29.4.2010 die elterliche Sorge auf den Vater übertragen worden sei.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt.

Ihr Rechtsmittel erwies sich als begründet.

 

Entscheidung

Das OLG kam zu dem Ergebnis, das AG habe zu Unrecht seine Zuständigkeit für die Einleitung des Hauptsacheverfahrens gemäß § 52 Abs. 1 S. 1 FamFG verneint und deshalb wegen vermeintlich mangelnder Erfolgsaussicht des Verfahrensziels die begehrte Verfahrenskostenhilfe abgelehnt.

Zwar treffe § 52 Abs. 1 S. 1 FamFG keine eindeutige Festlegung dahingehend, dass "das Gericht" im Sinne dieser Vorschrift dasjenige sein müsse, welches die einstweilige Anordnung erlassen habe. Die vom Gesetzgeber betonte Selbständigkeit des Verfahrens der einstweiligen Anordnung von einem Hauptsacheverfahren könne grundsätzlich auch eine Deutung dahingehend zulassen, dass im Fall einer abweichenden Zuständigkeit mehrerer Gerichte das Hauptsacheverfahren auf Antrag bei dem hierfür zuständigen Gericht einzuleiten sei.

Jedoch spreche der Zusammenhang der Regelungen in §§ 49 ff. FamFG für die Auslegung, dass der Begriff "das Gericht" insoweit einheitlich zu verstehen und nur auf dasjenige Gericht zu beziehen sei, das die einstweilige Anordnung erlassen habe. Aus § 54 Abs. 3 FamFG sei kein Umkehrschluss zu entnehmen. Die dortige Erwähnung des Gerichts, "das die einstweilige Anordnung erlassen hat" sei allein deshalb notwendig, weil hiermit im Gegensatz zu § 52 FamFG auch die Zuständigkeit des Beschwerdegerichts erfasst sei, wenn des nach § 50 Abs. 1 S. 2 FamFG entschieden habe.

Die Auslegung, dass stets das Gericht, das die einstweilige Anordnung erlassen habe, gemäß § 52 Abs. 1 FamFG auf Antrag eines Beteiligten das Hauptsacheverfahren einzuleiten habe, führe allerdings nicht zu einer dauerhaften Zuständigkeit, insbesondere dann, wenn die örtliche Zuständigkeit für eine ohne vorangegangenes Anordnungsverfahren eingeleitete Hauptsache sich nach einer anderen gesetzlichen Regelung richte.

Hätte die Antragstellerin eine Umgangsregelung ohne eine zuvor erlassene einstweilige Anordnung beantragt, hätte sich ohne weiteres die örtliche Zuständigkeit des AG Schorndorf ergeben.

Das AG München sei nicht gehindert, unter den Voraussetzungen des § 4 FamFG die Sache aus wichtigem Grund an das AG Schorndorf abzugeben. Könnten sich in einem derartigen Fall die beteiligten Gerichte nicht einigen, werde das zuständige Gericht durch das nächst höhere Gericht bestimmt.

Auch wenn die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens sei, erscheine doch der Hinweis angezeigt, dass der dauernde gewöhnliche Aufenthalt des Kindes im Bezirk des AG Schorndorf einen wichtigen Grund zur Abgabe des Verfahrens darstellen könne.

Das AG München habe deshalb nicht die begehrte Verfahrenskostenhilfe allein mit dem Argument ablehnen dürfen, es sei örtlich nicht zuständig für die Entscheidung in der Hauptsache, weshalb es für das Verfahrensziel der Antragstellerin an einer Erfolgsaussicht fehle.

 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 21.12.2010, 33 WF 2159/10

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