Leitsatz

Der Ex-Verwalter muss auch in EDV-Form angelegte Dateien unentgeltlich herausgeben. Printausdrucke genügen nicht.

 

Normenkette

§ 667 BGB

 

Das Problem

  1. Das Amtsgericht verurteilt den früheren Verwalter V einer Wohnungseigentumsanlage mit 1.700 Einheiten in einem einstweiligen Verfügungsverfahren, der von ihm verwalteten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Dateien herauszugeben, die er in einem auf dem eigenen Rechner angelegten "EDV-Ordner" gespeichert hat. Nach Androhung von Vollstreckungsmaßnahmen gibt V einen Datenträger mit den Dateien heraus.
  2. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erklärt daraufhin beim Landgericht – als Berufungsgericht – den Rechtsstreit für erledigt. V schließt sich dieser Erledigungserklärung nicht an. Nach Hinweis des Landgerichts nimmt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von der Erledigungserklärung "Abstand".
 

Die Entscheidung

  1. Eine Erledigung in der Hauptsache sei nicht eingetreten, obwohl V die Dateien herausgegeben hat. Denn nach allgemeiner Ansicht liege ein erledigendes Ereignis nicht vor, wenn eine Erfüllung zur Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolge. In einem solchen Fall sei trotz des Umstands, dass die begehrte Leistung erbracht wurde, der ursprüngliche Antrag weiter zu verfolgen. Dies habe die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auch getan, indem sie von der ursprünglich erfolgten Erledigungserklärung Abstand genommen habe.
  2. In der Sache erweise sich das Begehren der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf Herausgabe von Dateien aus dem "EDV-Ordner" zum Teil als berechtigt. Es lägen zwar die Voraussetzungen eines entsprechenden Verfügungsanspruchs vor. Allerdings sei nur in Bezug auf einen Teil der Dateien ein Verfügungsgrund glaubhaft gemacht worden.
  3. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer habe gegen V als früheren Verwalter einen Anspruch auf Herausgabe der Dateien aus dem "EDV-Ordner". Dieser Anspruch ergebe sich aus dem die Parteien vormals verbindenden Verwaltervertrag, wonach V verpflichtet sei, alle sich auf das Wohnungseigentum beziehenden Unterlagen bei Beendigung des Verwaltervertrags herauszugeben. Gleichermaßen ergebe sich ein solcher Anspruch auch aus § 667 BGB. Nach dieser Vorschrift sei ein Beauftragter verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, herauszugeben. Hierzu zählten nach allgemeiner Ansicht auch die Unterlagen, die ein WEG-Verwalter im Zuge seiner Tätigkeit angelegt bzw. erhalten habe (Hinweis u.a. auf BayObLG v. 23.3.2001, 2Z BR 6/01, NZM 2001 S. 469). Die Herausgabepflicht beziehe sich nicht nur auf die im Zuge der Verwaltertätigkeit von V in Papierform erhaltenen und angelegten Unterlagen, sondern auch auf die im Zuge der Verwaltertätigkeit in EDV-Form angelegten Dateien. Denn nach der Rechtsprechung sei jeder Vorteil, den ein Beauftragter aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft erlangt bzw. erhalten hat, i.S.v. § 667 BGB als aus der Geschäftsbesorgung "erlangt" anzusehen. Insofern zählten zu den nach § 667 BGB erhaltenen Unterlagen auch die von einem Beauftragten über die Geschäftsbesorgung selbst angelegten Akten, sonstigen Unterlagen und auch Dateien (Hinweis auf BGH v. 11.3.2004, IX ZR 178/03, NJW-RR 2004 S. 1290 unter II. 1.).
  4. Dass der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die aus den Dateien ersichtlichen Daten bereits in Papierform zur Verfügung gestellt worden seien, führe zu keiner anderen Beurteilung. Denn die Herausgabepflicht sei weit auszulegen und beziehe sich auf alle von einem Beauftragten im Zusammenhang mit der Geschäftsbesorgung selbst angelegten Vorgänge. Die Herausgabe von Unterlagen in Form eines bestimmten Mediums, hier Unterlagen in Papierform, führe deshalb nicht dazu, dass der Auftraggeber daneben keinen Anspruch auf Herausgabe der Unterlagen in Form eines anderen für ihn wesentlich wichtigeren Mediums, hier Dateien in EDV-Form, habe.
  5. Dass ein Verfügungsgrund, also eine besondere Eilbedürftigkeit, vorliegt, habe die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer allerdings nur in Bezug auf die Dateien "Jahresabschlussordner mit Heizkostenverteilung", "Warm- und Kaltwasserverteilung" sowie die Dateien in Bezug auf die so genannte "Eigentümerakte" glaubhaft gemacht. Im Hinblick auf die Dateien "Jahresabschlussordner mit der Heizkostenverteilung" sowie "Warm- und Kaltwasserverteilung" ergebe sich das besondere Eilbedürfnis daraus, dass diese Unterlagen für die Aufstellung und Prüfung einer Abrechnung benötigt würden. Zudem sei eine Abrechnung maßgebliche Grundlage für die Aufstellung des Wirtschaftsplans für künftige Jahre, der wiederum für die Erhaltung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer Eigentümergemeinschaft von grundlegender Bedeutung sei. Entsprechendes gelte auch für die Dateien in den sogenannten Eigentümerakten, in denen in der von V unterhaltenen EDV vermerkt wurde, wann und in welchen Einheiten welche Reparaturen durchgeführt wurden. Zur sachgerechten Verwaltung des gemeinschaftlich...

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