Dr. iur. Barbara Mayer, Holger Hiss
Zusammenfassung
Der Nießbrauch an Kommanditanteilen kann nach neuester obergerichtlicher Rechtsprechung im Handelsregister eingetragen werden, da ein Bedürfnis des Rechtsverkehrs und der Registergerichte an dieser Information besteht.
Der Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft hatte einen Teil des von ihm gehaltenen Kommanditanteils an seinen Mitgesellschafter übertragen. Zugleich ließ sich der übertragende Gesellschafter ein Nießbrauchrecht am Kommanditanteil in entsprechender Höhe einräumen. Das zuständige Registergericht hatte die Eintragung des Nießbrauchs in das Handelsregister zurückgewiesen und dies vor allem damit begründet, dass die Eintragung eines Nießbrauchrechts an einem Gesellschaftsanteil gesetzlich nicht vorgesehen sei. Wegen der strengen Formalisierung des Registerrechts sei das Handelsregister von gesetzlich nicht geregelten Eintragungen weitestgehend frei zu halten. Das Handelsregister solle lediglich die Haftungslage der Gesellschafter wiedergeben – der Nießbraucher hafte aber nicht gegenüber Dritten.
In seinem Beschluss hat das OLG Oldenburg die Entscheidung des Registergerichts aufgehoben und wie das OLG Stuttgart (Beschluss v. 28.1.2013, 8 W 25/13) die Rechtsauffassung vertreten, dass das Handelsregister den Nießbrauch an einem Gesellschaftsanteil eintragen muss.
Richtig sei zwar, dass aus Gründen der Registerklarheit grundsätzlich nicht jede die Gesellschaft oder deren Gesellschafter betreffende Tatsache eingetragen werden könne. In Betracht komme eine Eintragung nur in den gesetzlich angeordneten Fällen und bei solchen Tatsachen und Rechtsverhältnissen, für deren Eintragung ein erhebliches Bedürfnis des Rechtsverkehrs bestehe. Ein solches sei nicht allein bei Haftungsfragen zu bejahen, sondern auch wenn es darum geht, wer an der Gesellschaft beteiligt sei und maßgeblich mitbestimmen könne. Vor allem die Registergerichte selbst könnten nur mit Hilfe dieser Informationen die Wirksamkeit gesellschaftsintern gefasster Beschlüsse überprüfen.
Im konkreten Fall des Nießbrauchs am Kommanditanteil habe der Nießbrauchsberechtigte zumindest bei Grundsatzentscheidungen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungsfindung innerhalb der Gesellschaft. Da zum Beispiel eine ordentliche Kündigung durch den Gesellschafter oder Änderungen des Gesellschaftsvertrages Einfluss auf die Mitgliedschaft des Gesellschafters und damit indirekt auch auf den Bestand des Nießbrauchs haben, seien solche Handlungen nur mit Zustimmung des Nießbrauchsberechtigten möglich (§ 1071 BGB). Den Einwand, dass nach den praktischen Erfahrungen der Registergerichte die Anmeldung oft nur zeitlich verzögert erfolge, ließ das Gericht nicht zu. Ansonsten wären nämlich sämtliche Umstände, deren Eintragung in das Handelsregister keine rechtsbegründende Wirkung hat und somit verspätet erfolgen kann, nicht eintragungsfähig. Der Gesetzgeber habe dem bereits Rechnung getragen, indem eintragungspflichtige und bloß eintragungsfähige Tatsachen unterschiedliche Publizitätswirkungen aufweisen (§ 15 HGB).
Angesichts der demografischen Entwicklung in Deutschland ist unübersehbar, dass immer mehr ältere Gesellschafter sich aus einer aktiven Gesellschafterstellung zurückziehen, aber zur Absicherung ihres Unterhalts weiterhin Erträge aus der Gesellschafterstellung ziehen möchten. Dafür bietet sich die Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt an: der Junior bekommt die Gesellschaftsbeteiligung, der Senior behält die Gewinnanteile.
Mit dem OLG Oldenburg hat sich das zweite Obergericht innerhalb kurzer Zeit mit der Frage befasst, ob der Nießbrauch an einem Kommanditanteil im Handelsregister eingetragen werden kann. Diese Frage wurde zu Recht bejaht. Eine Pflicht zur Eintragung des Nießbrauchs folgt aus der Entscheidung des OLG Oldenburg indessen nicht.
Eine andere Frage, mit der sich die Gerichte bisher nicht befasst haben, ist, ob die Eintragung eines Nießbrauchs nötig oder empfehlenswert ist. Solange der Nießbrauchsberechtigte keine Mitwirkungsbefugnisse hat, zum Beispiel weil ihm nur die Gewinnanteile zustehen, aber keine Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung und auch sonst keinerlei Einflussmöglichkeiten, lässt sich die Frage verneinen. Denn dann droht keine Außenhaftung, so dass auch keine Anmeldung zum Handelsregister notwendig ist. Es bleibt also im Regelfall den Betroffenen überlassen, ob sie den Nießbrauch im Handelsregister überhaupt publik machen oder auf die Eintragung verzichten wollen.