In allen Fällen kann gegen Anordnungen der Fachgerichte naturgemäß Verfassungsbeschwerde eingelegt werden.

Eine besondere Rolle spielt in diesem Zusammenhang der Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Aussetzung der Vollziehung der fachgerichtlichen Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht. In den Beschlüssen vom 16.7.2020[1] und vom 24.8.2020[2] hebt das Bundesverfassungsgericht noch einmal die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung maßgebliche Folgenabwägung hervor: Die Nachteile für das Kindeswohl, die einträten, wenn die einstweilige Aussetzungsanordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber später Erfolg hätte, müssen weniger schwer wiegen als die Folgen, die sich ergäben, wenn die einstweilige Anordnung erginge, die Verfassungsbeschwerde später aber erfolglos wäre.

Im erstgenannten Fall wollte die allein sorgeberechtigte Mutter, der unter anderem das Recht zur Regelung von schulischen Angelegenheiten entzogen worden war, weil sie ihre Tochter unter kindeswohlschädlichen Leistungsdruck setzt, die Aussetzung der Vollziehung der angegriffenen Entscheidung bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde erreichen. Dann würde die Tochter weiterhin in der Regelschule geschult und damit nach den fachgerichtlichen Feststellungen permanent überfordert werden bis hin zur Entwicklung von Suizidgedanken. Ohne Eilregelung würde das Mädchen aufgrund einer entsprechenden Entscheidung des Ergänzungspflegers zwischenzeitlich in eine Förderschule wechseln und möglicherweise später mit einem erneuten Wechsel von der Vörder- in die Regelschule belastet. Diese letztgenannten Folgen stufte das Bundesverfassungsgericht als deutlich geringer ein und lehnte eine Eilanordnung daher ab.

Im zweiten Fall war das Kind wenige Tage nach der Geburt in Adoptionspflege gegeben worden. Nachdem der potentielle Adoptivvater unter anderem wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und das Kind vom Jugendamt in die Wohngruppe einer Pflegeeinrichtung verbracht worden war, begehrte die inzwischen von ihrem Mann getrenntlebende Pflegemutter die Rückkehr des Kindes in ihren Haushalt, was das OLG unter Auflagen anordnete. Dagegen legte das durch den Amtsvormund vertretene Kind Verfassungsbeschwerde ein und beantragte zugleich den Erlass einer Einzelregelung, die das Bundesverfassungsgericht auch erließ, um die mit einem mehrfachen Wechsel des Kindes verbundenen Belastungen zu verhindern.[3]

Im Übrigen ist für solche Eilverfahren unbedingt zu beachten: Ohne hinreichende Substantiierung der Verfassungsbeschwerde kann das Bundesverfassungsgericht auch keine Eilregelung erlassen.[4]

Beispiel des Bundesverfassungsgerichts: Will der Beschwerdeführer eine vorläufige Aussetzung der Vollziehung einer fachgerichtlichen Eilanordnung im Umgangsverfahren erreichen, weil das Amtsgericht willkürlich durch Eilanordnung statt in der Hauptsache über den Umgang eines Elternteils mit dem Kind entschieden habe, muss er nach der vorgenannten Entscheidung vereinzelt vortragen, woraus sich die angeblich für ein solches Vorgehen ursächlichen sachfremden Erwägungen ergeben sollen.

[1] 1 BvR 1525/20, FamRZ 2020, 1565.
[2] 1 BvR 1780/20, FamRZ 2020, 1645.
[3] Vgl. insgesamt Keuter, FF 2021, 142 ff., 147.

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