Leitsatz
Die Parteien hatten im Mai 2005 geheiratet und lebten seit Juli 2007 getrennt. Sie stritten um das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihren im Januar 2005 geborenen Sohn, der bei seinem Vater lebte.
Der im Jahre 1967 geborene Antragsgegner war Verwaltungsangestellter mit Arbeitszeiten von 7.00 bis 15.30/16.30 Uhr. Er hatte die Möglichkeit, zu Hause zu arbeiten. Die ebenfalls im Jahre 1967 geborene Antragstellerin war gelernte Bürokauffrau und hatte bis zur Geburt des Sohnes bei einer Bank als Marketingassistentin gearbeitet. Seither war sie nicht mehr berufstätig.
Nach der Trennung der Parteien kehrte die Antragstellerin in ihre Heimatstadt zurück und mietete dort eine Wohnung direkt neben der Wohnung ihrer Mutter an. Nach einem Besuchsaufenthalt des Antragsgegners mit dem gemeinsamen Sohn bei ihr verweigerte sie ihm die Mitnahme des Kindes zurück in seinen Wohnort.
Beide Parteien stellten wechselseitige Anträge zum Aufenthaltsbestimmungsrecht.
Das AG hat nach Einholung eines psychologischen Gutachtens eines Sachverständigen und nach persönlicher Anhörung der Parteien, des Jugendamtes und des Sachverständigen dem Antragsgegner das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen unter Hinweis darauf, dass bei gleicher Eignung der Kontinuitätsgrundsatz für den Vater spreche.
Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit der Beschwerde, die in der Sache keinen Erfolg hatte.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Unter Hinweis darauf, dass die Entscheidung zu treffen sei, die dem Wohl des Kindes unter Berücksichtigung bestimmter Bindungen am besten entspreche, verwies das OLG darauf, dass eine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung nur dann veranlasst wäre, wenn es für das Wohl des Kindes besser wäre, in der Obhut seiner Mutter aufzuwachsen. Hierfür gebe es jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte.
Der Sachverständige sei in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass das Kind gleich starke Bindungen an beide Eltern habe. Bei Eltern unterschieden sich nicht in ihrer Erziehungseinstellung, beide stellten sich vollkommen auf das Kind ein, übernähmen Verantwortung für seine Entwicklung. Dies gelte allerdings nur für seine emotionale Entwicklung, für seinen Schutz und für seine sprachliche und kognitive Entwicklung, nicht jedoch für seine soziale Entwicklung. Bei beiden Eltern könne das Kind keine Verhaltenssicherheit erlernen, da sie ihm keine Grenzen setzten. Keiner von beiden traue sich, den Sohn durch erzieherische Vorgaben zu frustrieren. In seiner sozialen Entwicklung sei das Kind daher deutlich retardiert.
Unterschiede in der Eltern-Kind-Beziehung und in dem Erziehungsverhalten der Eltern seien nicht erkennbar. Beide Eltern seien gleich gut bzw. wegen Überbehütung des Kindes gleich schlecht geeignet.
Auch der Gesichtspunkt der personalen Kontinuität lege keine Entscheidung zugunsten des einen oder anderen Elternteils nahe.
Schließlich bestehe gegenwärtig kein hinreichender Anlass, an der Bindungstoleranz des Vaters zu zweifeln. Zwar sei eine gewisse abwertende Haltung ggü. der Mutter nicht zu verkennen. Trotz dieser Haltung bestehe jedoch eine im Wesentlichen ohne Probleme funktionierende Umgangsregelung. Umgangskontakte fänden regelmäßig statt. In der sich ergebenden Pattsituation habe das erstinstanzliche Gericht zutreffend der Kontinuität der Umgebung entscheidendes Gewicht beigemessen, in der das Kind seit geraumer Zeit lebe.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 03.02.2009, 1 UF 206/08