Leitsatz

Die Parteien waren Eltern einer im Mai 2001 geborenen Tochter. Sie hatten im April 2001 geheiratet und sich bereits im Jahre 2003 wieder getrennt. Die Ehe wurde im November 2004 geschieden. Die elterliche Sorge wurde von beiden weiterhin gemeinsam ausgeübt. Die Tochter wurde von der Antragstellerin betreut und versorgt, der Antragsgegner übte regelmäßig den Umgang mit ihr aus.

Die Antragstellerin beabsichtigte, zusammen mit ihrer Tochter nach Mexiko umzuziehen und dort mit ihrem Lebensgefährten zusammen zu leben. Sie plante eine dauerhafte berufliche Zusammenarbeit mit ihm und wollte insbesondere in sein Baugeschäft einsteigen. Außerdem war der Betrieb einer Ferienpension auf dem Grundstück des Lebensgefährten beabsichtigt. Als Hauptmotiv für den beabsichtigten Umzug nach Mexiko gab die Antragstellerin an, es entspräche ihren privaten Wünschen und Bedürfnissen, mit ihm, mit dem sie seit Jahren eine Liebesbeziehung pflege, zusammen zu ziehen.

Der Antragsgegner war mit einer Übersiedlung des gemeinsamen Kindes nach Mexiko nicht einverstanden.

Ein Antrag der Antragstellerin auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die gemeinsame Tochter wurde vom FamG zurückgewiesen.

Die hiergegen von ihr eingelegte Beschwerde hatte Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter entspreche dem Wohl des Kindes am besten, § 1671 Abs. 1, Abs. 2 Ziff. 2 BGB.

Die beabsichtigte Übersiedlung der Antragstellerin nach Mexiko und die dadurch bedingte Beeinträchtigung des Umgangs des Antragsgegners mit dem Kind stehe dem nicht entgegen.

Es sei umstritten, inwieweit es dem sorgeberechtigten Elternteil oder demjenigen, dem die Personensorge übertragen werden solle, gestattet sei, zusammen mit dem gemeinsamen Kind in einen anderen - fern liegenden - Staat überzusiedeln mit der Folge der Beeinträchtigung des Umgangsrechts des anderen Elternteils. Nach der weitestgehenden Auffassung werde die Befugnis des Personensorgeberechtigten bzw. des Elternteils, dem die Sorgeberechtigung übertragen werden solle, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen, durch das Umgangsrecht des anderen Elternteils grundsätzlich nicht beeinträchtigt. Nach der gegenteiligen Ansicht habe die Auswanderung mit dem Kind im Zweifelsfall zu unterbleiben. Umgangsrecht und Sorgerecht gerieten in ein Konfliktverhältnis, wenn der zur Aufenthaltsbestimmung allein befugte Elternteil mit dem Kind an einen weit entfernten Ort übersiedeln wolle.

Nach einer vermittelnden Auffassung bedürfe es einer Gewichtung der Sorgerechtseignung der Elternteile und einer Abwägung der Gründe, Deutschland zu verlassen. Dieser vermittelnden Auffassung sei der Vorzug zu geben. Da dem Recht des einen Elternteils auf möglichst freien Umgang mit dem Kind aus Art. 6 GG das Recht des anderen Elternteils auf örtlich freizügige Lebensgestaltung und Freizügigkeit aus Art. 2 GG gegenüberstehe, gebiete es das verfassungsrechtliche Prinzip der praktischen Konkordanz, beide Grundrechte zu optimaler Wirksamkeit gelangen zu lassen (so auch OLG Karlsruhe FamRZ 2009, 435, 436).

Es sei deshalb erforderlich, dass der Sorgerechtsinhaber für seinen Wegzug triftige Gründe habe, die schwerer wögen als des Umgangsinteresse von Kind und anderem Elternteil.

Nach Prüfung aller maßgeblichen Kriterien kam das OLG zu dem Ergebnis, dass es dem Wohl der Tochter am besten entspreche, wenn die Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht ausübe. Beide Elternteile seien grundsätzlich zur Erziehung der Tochter geeignet. Hauptbezugsperson seit ihrer Geburt sei jedoch unstreitig die Mutter gewesen. Sie habe die Tochter nicht nur bis zur Trennung der Parteien, sondern auch anschließend versorgt und ihre Hauptversorgung und Betreuung übernommen. Sie sei auch nach einer Übersiedlung nach Mexiko willens und in der Lage, die Versorgung des Kindes eigenverantwortlich weiterzuführen und als Hauptbezugsperson für das Kind bestehen zu bleiben.

Auch der Grundsatz der Kontinuität spreche nicht gegen eine Umsiedlung. Der geplante Besuch einer internationalen englischsprachigen Privatschule in Yucatan/Mexiko bedeute zwar eine Umstellung für die Tochter, biete aber auch eine erhebliche positive Entwicklungschance.

Auch die Förderung des Kindes erscheine bei einem Umzug nach Mexiko gewährleistet. Durch die Übersiedlung nach Mexiko werde das Kindeswohl nicht erkennbar beeinträchtigt. Die Tochter könne dort mehrsprachig aufwachsen und einen neuen Kulturkreis kennenlernen.

Die Antragstellerin habe glaubhaft beachtliche Gründe für einen Umzug nach Mexiko dargelegt. Sie beabsichtige, ihren privaten Lebenswunsch zu verwirklichen, mit ihrem Lebensgefährten zusammen zu ziehen und ihr künftiges Leben in Mexiko in gehobenen Verhältnissen zu bestreiten.

Auch die Tochter habe sich in ihrer persönlichen Anhörung mit einem Umzug nach Mexiko für ein bis zwei Jahre ausdrücklich einverstanden erklärt und zu verstehen gegeben, dass sie sich mit dem Lebensgefährten ih...

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