Den nachfolgenden Berechnungsbeispielen kann entnommen werden, wie konkret die Höhe einer Elternunterhaltsverpflichtung berechnet wird. An dieser Stelle ist es nochmals wichtig darauf hinzuweisen, dass die Berechnung der Unterhaltsverpflichtung nur dann gelingen kann, wenn zuvor das unterhaltsrelevante Einkommen und Vermögen aller Unterhaltspflichtigen sowie der jeweiligen Ehegatten richtig ermittelt wurde. Steigt man mit nicht zutreffenden Zahlen in die Berechnung ein, kann auch nur ein falsches Ergebnis herauskommen. Nicht alle der nachfolgend aufgezeigten Berechnungsvarianten sind bisher höchstrichterlich durch den BGH bestätigt. Abweichend von den dargestellten Berechnungswegen werden teilweise auch andere Berechnungswege vertreten, die sich im Ergebnis allerdings nicht großartig voneinander unterscheiden.
Die nachfolgenden Berechnungsbeispiele berücksichtigen zwar die neuen Selbstbehalte ab dem 1.1.2020. Da eine deutliche Erhöhung der Selbstbehalte im Hinblick auf das Angehörigen-Entlastungsgesetz zu erwarten ist, bleiben die diesbezüglichen Entwicklungen zu beobachten.
Ferner bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen das Angehörigen-Entlastungsgesetz auf die Auswirkungen der Rechtsprechung hat, die vor Inkrafttreten des Angehörigen-Entlastungsgesetzes ergangen ist.
In Berechnungsbeispielen ist ein Ausschluss des Unterhaltsregresses nach § 94 Abs. 1a SGB XII nicht berücksichtigt.
10.1 Variante 1: Unverheiratetes Kind ist unterhaltspflichtig
In dem nachfolgenden Grundfall hat das unterhaltspflichtige und nicht verheiratete Kind K ein unterhaltsrelevantes monatliches Einkommen von 3.200 EUR. Die Berechnung gestaltet sich dann wie folgt:
Einkünfte Kind K |
3.200 EUR |
abzgl. Selbstbehalt |
- 2.000 EUR |
verbleiben |
1.200 EUR |
abzgl. 50 % weiterer Selbstbehalt |
- 600 EUR |
verbleiben |
600 EUR |
Ergebnis: K ist zur Zahlung von Elternunterhalt in Höhe von 600 EUR monatlich leistungsfähig.
10.2 Variante 2: Kind ist verheiratet und Alleinverdiener
Etwas schwieriger wird die Berechnung, wenn das unterhaltspflichtige Kind verheiratet ist. Ist der Unterhaltspflichtige verheiratet, ist zunächst vom zusammengerechneten Einkommen beider Ehegatten der Familien selbst von derzeit 3.600 EUR (2.000 EUR + 1.600 EUR) in Abzug zu bringen. Vom Differenzeinkommen ist ein weiterer Abschlag von 10 % wegen einer Haushaltsersparnis auf Grund des Zusammenlebens abzusetzen. Der verbleibende Betrag ist zur Hälfte dem Mindestselbstbehalt von 3.600 EUR zuzurechnen, so dass sich der individuelle Familienbedarf ergibt. Zu dem so bemessenen individuellen Familienbedarf hat der Unterhaltspflichtige entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten beizutragen. Für den Elternunterhalt kann der Unterhaltspflichtige die Differenz zwischen seinem Einkommen und seinem Anteil am Familienunterhalt einsetzen.
In dem nachfolgenden Berechnungsbeispiel hat das unterhaltspflichtige Kind Kein unterhaltsrelevantes monatliches Einkommen von 3.900 EUR. Seine Ehefrau F hat kein eigenes Einkommen.
Einkünfte Kind K |
3.900 EUR |
Einkünfte Ehefrau F |
0 EUR |
Gesamteinkommen |
3.900 EUR |
abzgl. Familienselbstbehalt |
- 3.600 EUR |
verbleiben |
300 EUR |
abzgl. 10 % Haushaltsersparnis |
- 30 EUR |
verbleiben |
270 EUR |
davon 50 % |
135 EUR |
zzgl. Familienselbstbehalt |
3.600 EUR |
ergibt einen individuellen Familienbedarf von |
3.735 EUR |
Für diesen Familienbedarf muss K zu 100 % aufkommen, da F keine Einkünfte hat. Also: |
|
Einkünfte K |
3.900 EUR |
abzgl. seines Anteils am Familienbedarf |
- 3.735 EUR |
ergibt eine Leistungsfähigkeit des K von |
165 EUR |
10.3 Variante 3: Kind ist verheiratete, Ehegatte ist Alleinverdiener
Auch wenn die Ehefrau F in dem obigen Beispiel der Variante 2 kein eigenes Einkommen hätte, könnte sie dennoch verpflichtet sein, einen (allerdings sehr kleinen) Elternunterhaltsbetrag (natürlich nur für ihre eigenen Eltern) zu zahlen. Der Grund dafür liegt darin, dass die Ehefrau F gegen ihren Ehemann einen Taschengeldanspruch hat, der in aller Regel mit 5 bis 7 % des Nettoeinkommens des Ehegatten bemessen wird. Dieses Taschengeld ist dann teilweise für den Elternunterhalt einzusetzen .
Bezogen auf den obigen Beispielsfall (der Ehemann verdient 3.900 EUR netto) beliefe sich der von F zu zahlende Elternunterhalt auf 7,50 EUR pro Monat, wie die nachfolgende Berechnung zeigt:
Einkünfte Ehemann |
3.900 EUR |
Taschengeldanspruch davon (5 %) |
195 EUR |
abzgl. 5 % vom Familienselbstbehalt (3.600 EUR x 5 %) |
- 180 EUR |
verbleiben |
15 EUR |
davon 50 % |
7,50 EUR |
Generell gilt also: Aus einem Taschengeld kann nur dann Elternunterhalt gezahlt werden, wenn das Nettoeinkommen des Ehegatten 3.240 EUR – also den Familienselbstbehalt – übersteigt.
10.4 Variante 4: Verheiratetes Kind in Doppelverdienerehe
In einer Doppelverdienerehe wird ganz ähnlich gerechnet, wobei sich die Berechnung natürlich danach richtet, ob das unterhaltspflichtige Kind oder dessen Ehegatte ein höheres unterhaltsrelevantes Einkommen erzielt.
10.4.1 Variante 4.1: Unterhaltspflichtiger verdient mehr als Ehegatte
In diesem Berechnungsbeispiel hat das unterhaltspflichtige Kind K ein unterhaltsrelevantes monatliches Einkommen von 3.900 EUR. Seine Ehefrau F hat ein eigenes Einkommen von 1.200 EUR.
Einkünfte K |
3.900 EUR |
Einkünfte Ehefrau F |
1.200 EUR |
Gesamteinkommen |
5.100 EUR |
abzgl. Familienselbstbehalt (2.000 EUR + 1.600 EUR) |
- 3.600 EUR |
verbleiben |
1.500 EUR |
abzgl. ... |