Der typische Fall beim Elternunterhalt liegt so, dass sich der unterhaltsberechtigte Elternteil bereits in einem Pflegeheim befindet. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen Elternunterhalt bereits ein Thema ist, bevor Eltern in einem Heim untergebracht werden. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn die Eltern das Rentenalter noch nicht erreicht haben und ihnen Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 27 f. SGB XII gewährt wird.
Der Unterhaltsbedarf richtet sich beim Elternunterhalt generell gemäß § 1610 Abs. 1 BGB nach der Lebensstellung des Elternteils. Die Lebensstellung wiederum hängt in erster Linie von den Einkommens- und Vermögensverhältnisse ab, in welchen der Elternteil in der Vergangenheit gelebt hat. Wegen der schwachen Ausgestaltung des Elternunterhaltes kommt eine Unterhaltsverpflichtung der Kinder in aller Regel erst dann in Betracht, wenn das Existenzminimum des Elternteils unterschritten wird. Der Bedarf der Eltern gegenüber ihren Kindern entspricht deshalb regelmäßig dem Existenzminimum. Dies gilt auch dann, wenn der Elternteil zuvor in besseren Lebensverhältnissen gelebt hat. Die Gerichte greifen für die Bemessung des Bedarfs in diesen Fällen auf die in den Unterhaltstabellen enthaltenen Mindestbedarfssätze zurück. Diese belaufen sich derzeit auf 960 EUR für Nichterwerbstätige und auf 1.160 EUR für Erwerbstätige. Dem hinzuzurechnen sind die Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung. Der BGH hat insoweit ausgeführt:
"...Das Berufungsgericht ist rechtlich zutreffend davon ausgegangen, daß sich das Maß des einem Elternteil geschuldeten Unterhalts gemäß § 1610 Abs. 1 BGB nach dessen Lebensstellung bestimmt. Diese leitet sich – anders als bei volljährigen, noch in einer Berufsausbildung befindlichen Kindern – nicht von derjenigen des Unterhaltspflichtigen ab, sondern ist eigenständig und beurteilt sich in erster Linie nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des betreffenden Elternteils. Nachteilige Veränderungen der Einkommensverhältnisse, wie sie in der Regel etwa mit dem Eintritt in den Ruhestand verbunden sind, haben – eventuell nach einer Übergangszeit – deshalb auch eine Änderung der Lebensstellung zur Folge. Mit Rücksicht darauf können die Eltern von ihren Kindern dann keinen Unterhalt entsprechend ihrem früheren Lebensstandard beanspruchen. Als angemessener Unterhalt müssen aber auch bei bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen diejenigen Mittel angesehen werden, durch die das Existenzminimum der Eltern sichergestellt werden kann und die demgemäß als Untergrenze des Bedarfs zu bewerten sind (ebenso Eschenbruch Der Unterhaltsprozeß 3. Aufl. Rdn. 2004 f.; Günther Münchner Anwaltshandbuch § 12 Rdn. 11 ff.; Heiß/Born/Hußmann Unterhaltsrecht 13. Kap. Rdn. 22; Luthin/Seidel Handbuch des Unterhaltsrechts 9. Aufl. Rdn. 5050 f.; Scholz/Stein/Erdrich Praxishandbuch Familienrecht Teil J Rdn. 24; Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 5. Aufl. § 9 Rdn. 635; Diederichsen FF 1999 Sonderheft S. 13 f.; OLG Koblenz FamRZ 2002, 1212, 1213). Insofern ist es auch nicht rechtsfehlerhaft, wenn zur Ermittlung des so bemessenen Bedarfs auf die in den Unterhaltstabellen enthaltenen, am sozialhilferechtlichen Existenzminimum ausgerichteten Eigenbedarfssätze eines unterhaltsberechtigten Ehegatten zurückgegriffen und derjenige Betrag als Bedarf angesetzt wird, der der jeweiligen Lebenssituation des unterhaltsberechtigten Elternteils entspricht..."
Lebt der Elternteil bereits in einem Alten- oder Pflegeheim, bestimmt sich sein Unterhaltsbedarf nach den dadurch verursachten notwendigen und angemessenen Heim- und Pflegekosten zuzüglich eines Barbetrages im Sinne des § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII für die Bedürfnisse des täglichen Lebens (angemessenes Taschengeld). Als Taschengeld steht dem Elternteil ein Barbetrag zur persönlichen Verwendung (z. B. für Kleidung, Zeitschriften etc.) in Höhe von 27 % des sozialrechtlichen Regelsatzes nach § 27 b SGB XII zur Verfügung. Da sich der Regelsatz aktuell auf 432 EUR beläuft, ist das Taschengeld zurzeit mit (432 EUR x 27 % =) 116,64 EUR, also rund 117 EUR, anzusetzen.
Der Elternteil E lebt im Pflegeheim. Die Kosten für das Pflegeheim belaufen sich auf 3.500 EUR. Zusammen mit dem Taschengeldanspruch hat E einen monatlichen Unterhaltsbedarf von rund 3.617 EUR.
Der Barbetrag gem. § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII kann vom Unterhaltspflichtigen allerdings nicht verlangt werden, wenn der Unterhaltsberechtigte über auf die Heimkosten anrechnungsfreie eigene Mittel verfügt, die den Barbetrag deutlich übersteigen (OLG Düsseldorf, Urteil v. 27. Oktober 2010, II-8 UF 38/10.)