Entscheidend bei der Berechnung von Elternunterhaltsansprüchen ist die richtige Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens. Dies gilt zum einen natürlich für das Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes. Zum anderen gilt dies aber auch – sofern vorhanden – für das Einkommen des Ehegatten des unterhaltspflichtigen Kindes. Aus dem Einkommen des Ehegatten ist zwar nicht unmittelbar der Unterhalt zu zahlen. Die Einkünfte des Ehegatten beeinflussen jedoch die Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Kindes. Folgende Einkommensarten sind bei der Einkommensermittlung von Relevanz:
8.2.1 Erwerbseinkommen aus nicht selbstständiger Tätigkeit
Bei Einkünften aus nicht selbstständiger Tätigkeit sind regelmäßig alle Leistungen anzusetzen, d. h. auch Einkünfte, die ein Arbeitnehmer unregelmäßig oder einmalig bezieht. So sind auch Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie sonstige Zuwendungen, Provisionen bzw. Tantiemen, Prämien und Überstundenvergütungen im Rahmen des Üblichen als Einkommen anzusetzen. Dabei ist bei Einkünften aus nicht selbstständiger Tätigkeit nach den üblichen unterhaltsrechtlichen Kriterien auf das Gesamteinkommen der letzten 12 Monate abzustellen, damit aus diesem Wert ein durchschnittliches monatliches Einkommen berechnet werden kann.
Grundsätzlich besteht im Unterhaltsrecht eine Verpflichtung, dass eine Vollzeittätigkeit ausgeübt werden muss (so genannte Erwerbsobliegenheit). Diese Verpflichtung gilt auch beim Elternunterhalt für das unterhaltspflichtige Kind, wenngleich sie nicht so stark ausgestaltet ist, wie etwa beim Kindes- oder Ehegattenunterhalt. Daher ist das unterhaltspflichtige Kind nicht berechtigt, ohne einen zwingenden Grund eine bereits ausgeübte Erwerbstätigkeit herunterzufahren oder gar ganz aufzugeben, um dadurch der Elternunterhaltsverpflichtung (teilweise) zu entgehen. Wird gegen diese Verpflichtung verstoßen, kann mit fiktiven Einkünften gerechnet werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob auch fiktive Einkünfte angerechnet werden können, wenn das unterhaltspflichtige Kind nur teilzeitig arbeitet oder eine Altersteilzeit in Anspruch nimmt. Hierzu gelten folgende Grundsätze:
- Ist das unterhaltspflichtige Kind bereits vor der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt gar nicht oder nur teilzeitig erwerbstätig gewesen, besteht keine Verpflichtung zur Aufnahme einer (weitergehenden) Erwerbstätigkeit.
- Ist eine Elternunterhaltsverpflichtung bereits entstanden bzw. kurz vor der Entstehung und das unterhaltspflichtige Kind hat Kenntnis davon, kann eine ausgeübte Erwerbstätigkeit nur reduziert werden, wenn ein guter Grund dafür existiert (z. B. notwendige Kinderbetreuung, Krankheit etc.).
- Ist eine Altersteilzeitregelung bereits vor der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt beschlossen worden, ist ein mit der Eingehung der Altersteilzeitregelung verbundener Einkommensrückgang zu akzeptieren.
- Ist die Altersteilzeitregelung erst ein Thema, nachdem die Elternunterhaltsverpflichtung entstanden ist, kann sie unterhaltsrechtlich nur bei Vorliegen besonderer Gründe akzeptiert werden (z. B. gesundheitliche Gründe).
8.2.2 Erwerbseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit
Die Einkommensermittlung bereitet regelmäßig besondere Schwierigkeiten, wenn Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit vorhanden sind. Bei derartigen Einkünften ist der Gewinn im Wege der Bilanzierung oder durch eine Einnahmenüberschussrechnung zu ermitteln. Für die Einkommensermittlung müssen dann regelmäßig folgende Unterlagen herangezogen werden:
- Einnahmenüberschussrechnung oder Bilanz, falls bilanziert wird
- Betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA)
- Summen- und Saldenlisten
- Einkommensteuerbescheide nebst den dazugehörigen Erklärungen
- Umsatzsteuerbescheide
Die erstellten Bilanzen bzw. Einnahmenüberschussrechnungen sind dabei nach unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkten zu überprüfen. Nach der Rechtsprechung werden nämlich nicht alle steuerrechtlich möglichen Ausgabeposten unterhaltsrechtlich anerkannt. Da die Einkünfte von Selbstständigen erfahrungsgemäß schwanken, ist ein Durchschnittseinkommen aus den letzten 3 abgeschlossenen Jahren zu bilden, wobei bei stärkeren Schwankungen auch auf die letzten 5 Jahre zurückgegriffen werden kann.
8.2.3 Steuererstattungen
Steuererstattungen stellen aus unterhaltsrechtlicher Sicht Einkommen dar. Sie sind in der Regel in dem Jahr, in dem sie anfallen, als Einkommen zu berücksichtigen (so genanntes In-Prinzip). Bei Selbstständigen kann hingegen auf den Zeitraum der Veranlagung abgestellt werden (Für-Prinzip). Ist innerhalb der letzten 12 Monate eine Steuererstattung geflossen, erhöht diese grds. das unterhaltsrelevante Einkommen (bei Selbstständigen ist auf einen längeren Zeitraum von 3 Jahren abzustellen und ein Durchschnittswert zu bilden). Steuernachzahlungen mindern entsprechend das unterhaltsrelevante Einkommen.
Steuererstattungen aus der Vergangenheit können nur dann für die Zukunft weiter fortgeschrieben werden, wenn die steuerlichen Bemessungsgrundlagen unverändert geblieben sind. Daran kann es z. B. fehlen, wenn eine Steuererstattung in einem Jahr besonders hoch ausgefallen ist, weil z. B. die außergewöhnlichen Bel...