Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Gültige Prozessstandschaft des Verwalters
Eigenentscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts bei Endentscheidungs-Reife
Schadenersatzpflicht des Vorverwalters wegen positiver Vertragsverletzung
Normenkette
§ 27 WEG, § 43 Abs. 1 WEG, § 249 BGB, § 276 BGB, § 675 BGB
Kommentar
1. In einer Eigentümerversammlung wurde ein neu bestellter Verwalter durch Beschluss ermächtigt, mehrere Schadenersatzforderungen der Eigentümer wegen Verletzung der Verwalterpflichten des Vorverwalters gegen diesen in eigenem Namen gerichtlich geltend zu machen und Zahlung an sich zu verlangen.
Hier besteht die Befugnis des neuen Verwalters als Antragsteller, die Ansprüche gegen den Vorverwalter in gewillkürter Verfahrensstandschaft geltend zu machen (in eigenem Namen und mit Zahlungsverlangen an sich selbst); die Ermächtigung beruht hier auf entsprechendem Eigentümerbeschluss. Das notwendige eigene schutzwürdige Interesse folgt aus der Pflicht des Verwalters, die ihm obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß und reibungslos zu erfüllen (h.M.); dazu gehört auch, den hier gefassten Eigentümerbeschluss auszuführen ( § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG).
2. Sind weitere tatsächliche Feststellungen nicht erforderlich (Endentscheidungsreife), kann auch das Rechtsbeschwerdegericht in der Sache selbst entscheiden. Dies gilt auch dann, wenn das LG einen Verfahrensantrag als unzulässig erachtet und insoweit keine tatsächlichen Feststellungen mehr zur Sache selbst getroffen hat. Eigenentscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist rechtsgrundsätzlich nicht ausgeschlossen, wenn aus der Entscheidung des AG hinreichende Feststellungen zum Sachverhalt entnommen werden können und weitere tatsächliche Feststellungen auf Sachlage nicht in Betracht kommen (wie im vorliegenden Fall).
3. Verletzt ein Verwalter Pflichten aus seinem Geschäftsbesorgungsvertrag ( § 675 BGB), ist er den Wohnungseigentümern zum Schadenersatz verpflichtet; vorliegend ging es um eine Lohn-Überzahlung durch den Verwalter an den früheren Hausmeister und das Abführen eines zu hohen Lohnsteuerbetrages an das Finanzamt. Die Überzahlungen beruhten auf Verschulden des Verwalters oder seines Erfüllungsgehilfen. Ein Schaden ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil ein Anspruch gegen den früheren Hausmeister und das Finanzamt besteht. Aus § 255 BGB ergibt sich vielmehr, dass ein Geschädigter grundsätzlich auch dann vollen Schadenersatz verlangen kann, wenn ihm zugleich ein Anspruch gegen einen Dritten zusteht (BayObLG, NJW-RR 87, 1368). Zutreffend hat vorliegend das AG den früheren Verwalter allerdings zur Zahlung von Schadenersatz nur gegen Abtretung der Erstattungsansprüche verpflichtet. Nicht entscheidungserheblich ist das Vorbringen des früheren Verwalters als Antragsgegner, wegen Beendigung seiner Verwaltertätigkeit sei es ihm nicht mehr möglich gewesen, das gegen den früheren Hausmeister bereits in die Wege geleitete Rückforderungsverlangen erfolgreich zum Abschluss zu bringen.
Aus positiver Forderungsverletzung ist auch der Erstattungsanspruch von Rechtsanwaltskosten berechtigt und begründet, da hier der frühere Verwalter schuldhaft geforderte Eigentümerversammlungen nicht einberufen und Jahresabrechnungen nicht rechtzeitig vorgelegt hat, sowie gegen säumige Wohnungseigentümer nicht vorgegangen ist. Die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme von Rechtsanwälten musste hier bejaht werden (vgl. auch BGH NJW 86, 2243). Da sich der Anspruch aus schuldhafter Forderungsverletzung ergibt, war auch nicht auf Verzugsgesichtspunkte bzw. einen Verzugsschaden abzustellen.
4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren von DM 3.141,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 20.11.1997, 2Z BR 122/97)
zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren