Rz. 140
Anteile an einer Gesellschaft können grundsätzlich auf zwei verschiedene Arten erworben werden: Zum einen können sie derivativ erworben werden, d.h. im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge von einem Gesellschafter auf den Erwerber übertragen werden (siehe ausf. Rdn 338 ff.). Nicht betrachtet werden soll der Erwerb von Gesellschaftsanteilen im Wege eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms. Daneben können Gesellschaftsanteile originär erworben werden, d.h. durch eine Gründung/Kapitalerhöhung mit Anteilsausgabe geschaffen werden, deren Voraussetzungen nachfolgend dargestellt werden.
Rz. 141
Es soll kurz auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft eingegangen werden, wenn Gesellschaftsanteile im Wege einer Anteilsausgabe gegen Gesellschafterleistungen ausgegeben werden. Die Darstellung an dieser Stelle konzentriert sich darauf, dass es um eine Anteilsausgabe nach der Gründung der Gesellschaft geht. Die Anteilsausgabe im Rahmen der Gesellschaftsgründung wurde bereits in Rdn 118 ff. erläutert. Sie unterscheidet sich hinsichtlich der in Rdn 144–150 dargestellten Möglichkeiten der Leistung der Gesellschaftereinlage nicht von der Anteilsausgabe nach Gründung der Gesellschaft. Unterschiede bestehen nur hinsichtlich des Rechtsverhältnisses zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter, das bei der Gründung auf der Basis der Articles und des Memorandum (Sec. 16 Abs. 5, 559 CA 2006) besteht und bei einer späteren Anteilsausgabe auf einem Vertrag (contract of allotment) beruht.
Rz. 142
Ein solches Vertragsverhältnis setzt voraus, dass eine Einigung zwischen dem Erwerber der Anteile und der Gesellschaft über
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die Höhe der zu erbringenden Gesellschaftereinlage, |
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den Zeitpunkt, an dem die Gesellschaftereinlage zu leisten ist, |
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die Form, in der die Gesellschafterleistung zu erbringen ist, |
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den Zeitpunkt der Übertragung der Anteile an den Erwerber und |
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die mitgliedschaftlichen Rechte, die mit jedem neuen Anteil dieser Anteilsklasse verbunden sind, |
zustande kommt. Ein solcher Vertrag setzt Angebot und Annahme voraus. Bei der Ltd., die sich nicht über den Kapitalmarkt finanziert, wird das Angebot zum Vertragsabschluss von der Gesellschaft abgegeben (sog. provisional allotment letter). Dies geschieht in Form eines Schreibens (meistens an die bezugsberechtigten Gesellschafter gerichtet), in dem ausgeführt wird, dass die Gesellschaft beabsichtigt, Anteile auszugeben, diese Anteile vom Adressaten zu spezifizierten Konditionen erworben werden können und bis zu welchem Zeitpunkt sich die Gesellschaft an ihr Angebot gebunden fühlt.
Rz. 143
Verträge über die Zeichnung von Anteilen können unter bestimmten Voraussetzungen rückabgewickelt werden. Im Fall falscher Angaben (misrepresentation) im Vertrag über die Anteilsausgabe besteht ein Recht zur Rückabwicklung, aus dem die Gesellschaft verpflichtet wird, das vom Gesellschafter erbrachte Kapital zu erstatten, die betroffenen Anteile einzuziehen und den Gesellschafter von jeglicher Verbindlichkeit zur Erbringung der Gesellschafterleistung freizustellen. Ein Recht zur Rückabwicklung setzt zwingend voraus, dass falsche Angaben über Tatsachen gemacht worden sind. In der Rechtsprechung wird in diesen Fällen immer geprüft, ob die vom Kläger als unzutreffend angegriffene Aussage im Vertrag tatsächlich eine Auskunft über eine Tatsache und nicht eine Auskunft über Motive der Gesellschaft oder Meinungsäußerungen der Geschäftsführer ist. Das Recht zur Rückabwicklung kann eingeschränkt sein, wenn eine Rückabwicklung der Leistungen faktisch nicht mehr möglich ist, die Parteien den Vertrag nach Kenntnis der getäuschten Partei weiter durchgeführt haben (z.B. wenn der Getäuschte versucht, seine Anteile zu veräußern oder bei einer Gesellschafterversammlung sein Stimmrecht ausübt oder Dividenden vereinnahmt) oder wenn er nach Kenntniserlangung nicht unverzüglich die Rückabwicklung verlangt. Unverzüglich in diesem Sinne ist eine Frist zwischen zwei Wochen bis zu drei Monaten. Neben der Rückabwicklung kann auch alternativ Schadensersatz verlangt werden.