Rz. 509
Eine weitere Eigentümlichkeit des englischen Rechts (Sec. 29 Insolvency Act 1986) besteht darin, dass Gläubigern mit einer floating charge im Kreditsicherungsvertrag das Recht eingeräumt werden kann, einen Vermögensverwalter (receiver) zu bestellen (sog. administrative receivership). Auch dieses Verfahren läuft weitest gehend ohne die Mitwirkung des Insolvenzgerichts ab. Der Gläubiger bestellt den Verwalter durch schriftliche Anzeige gegenüber der Gesellschaft, wenn bei Fälligkeit seine Forderung nicht befriedigt wird. Das Verfahren ist auf die Befriedigung dieses Gläubigers gerichtet. Es müssen jedoch auch in diesem Zusammenhang vorrangige andere Gläubiger und die nicht gesicherten Gläubiger befriedigt und etwaige Überschüsse an die Gesellschafter ausgekehrt werden, wenn die Zerschlagung der Gesellschaft hierfür notwendig ist. Das Verfahren kann unter weiteren Voraussetzungen auch in einem Insolvenzverfahren aufgehen.
Rz. 510
Mit seiner Ernennung nimmt der Verwalter das Vermögen der Gesellschaft in Besitz, welches durch die floating charge besichert ist. Die Kompetenzen der Geschäftsführer werden in Bezug auf die gesicherten Vermögensgegenstände suspendiert. Die Geschäftsführer werden jedoch nicht abberufen und haben im Übrigen ihre Pflichten zur Erstellung von Jahresabschlüssen und die weiteren Dokumentationspflichten des Tagesgeschäfts gegenüber dem Register weiter zu erfüllen. In der Rechtspraxis sind die Kompetenzen des Verwalters in einem Anhang zum Gesetz niedergelegt (Schedule 1 und Sec. 42 Insolvency Act 1986), können aber im Sicherungsvertrag modifiziert werden.
Rz. 511
Der Verwalter hat volle Vertretungsmacht für die Gesellschaft. Das Verfahren hat Einwirkung auf Verträge, die vor seinem Beginn abgeschlossen worden sind, da der Verwalter die Erfüllung der Verträge verweigern darf und dem Gläubiger eines solchen vertraglichen Anspruchs nur noch ein Schadensersatzanspruch zusteht. Titel gegen die Gesellschaft, die vor dem Beginn des Verfahrens entstanden sind, müssen jedoch erfüllt werden. Der Verwalter kann auch neue Verpflichtungen der Gesellschaft begründen, er ist bei Ausfall dieser Verbindlichkeiten jedoch u.U. persönlich haftbar.
Rz. 512
Nach der Übernahme der Verwalterstellung muss er innerhalb von drei Monaten ein Gutachten zu den Umständen seiner Bestellung und zur Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft anfertigen und eine Gläubigerversammlung der übrigen Gläubiger einberufen. In dem Gutachten muss dargelegt werden, wie die Vermögenswerte der Gesellschaft unter Berücksichtigung vorrangiger Sicherheiten, eines gesetzlichen Zurückbehalts für die ungesicherten Gläubiger und den Inhaber der floating charge verwertet werden sollen.