Rz. 176
Zu berücksichtigen sind die gesetzlichen Bezugsrechte, die in Sec. 561 CA 2006 verankert sind. Der Begriff "rights issue" umschreibt den gesetzlichen Normalfall, nämlich dass die auszugebenden Anteile den bereits vorhandenen Gesellschaftern in Relation ihrer Beteiligungsrechte zuerst angeboten werden müssen, wenn es sich um eine Anteilsausgabe gegen Bareinlagen handelt. Ausnahmen bestehen u.a. für die Anteilsausgabe gegen Sacheinlagen, bei der Gründung, bei der Ausgabe von Bonusanteilen aus Rücklagen (bonus shares), bei Mitarbeiterbeteiligungen sowie bei der Anteilsausgabe an bestimmte Anteilseigner zur Erfüllung eines speziellen Rechts einer Klasse von Anteilseignern (class rights), siehe Rdn 310 ff.
Rz. 177
Von hoher praktischer Bedeutung ist bei der Ltd. die Möglichkeit, dass die Gesellschafter in den Articles auf die Bezugsrechte verzichten können (Sec. 567 CA 2006). Table A in der neuen Fassung enthält hierzu keine Bestimmungen, so dass entweder das Gesetzesrecht oder eine eigene Bestimmung in den Articles gilt. Unterschieden werden hierbei ein genereller Verzicht (general disapplication) und ein Verzicht der Gesellschafter auf die Bezugsrechte im Einzelfall (specific disapplication). Wird auf die Bezugsrechte verzichtet, handelt es sich um eine sog. Anteilsausgabe auf non-rights-Basis:
Rz. 178
Ein genereller Verzicht auf die Bezugsrechte (Sec. 570 CA 2006) kann bereits in den Articles als Teil der Ermächtigung der Geschäftsführer zur Anteilsausgabe enthalten sein oder im Wege eines außerordentlichen Gesellschafterbeschlusses mit 75 %-Mehrheit herbeigeführt werden, solange im Übrigen die Geschäftsführer zur Anteilsausgabe wie im Regelfall ermächtigt sind (siehe Rdn 173). Erlischt die Ermächtigung der Geschäftsführer zur Anteilsausgabe, so erlischt automatisch auch der Verzicht auf das Bezugsrecht (Sec. 570 Abs. 3 CA 2006).
Rz. 179
Im Einzelfall kann für eine bestimmte Anteilsausgabe spezifisch auf das Bezugsrecht verzichtet werden (Sec. 571 CA 2006). Die Geschäftsführer müssen zunächst beschließen, neue Anteile unter Verzicht auf die Bezugsrechte auszugeben. Zunächst ist dabei von ihnen zu prüfen, ob das genehmigte Kapital in der Höhe der beabsichtigten Anteilsausgabe bislang noch nicht verbraucht ist. Ist dies der Fall, muss zunächst das genehmigte Kapital erhöht werden. In diesem Fall müssen die Gesellschafter durch außerordentlichen Gesellschafterbeschluss mit 75 %-Mehrheit beschließen, dass die Bezugsrechte für eine bestimmte Anteilsausgabe nicht zu beachten sind oder dass die Bezugsrechte nur unter bestimmten Bedingungen, die im Gesellschafterbeschluss festgelegt werden müssen, zu beachten sind. Auch hier ist die Ermächtigung der Geschäftsführer zur Anteilsausgabe mit dem Verzicht auf das Bezugsrecht im Hinblick auf die Wirksamkeit verknüpft. Wird die Ermächtigung zur Anteilsausgabe widerrufen, erlischt automatisch der Verzicht auf das Bezugsrecht. Vor der Fassung des Gesellschafterbeschlusses müssen die Geschäftsführer mit der Ladung zur Gesellschafterversammlung eine schriftliche Stellungnahme beifügen, in der sie begründen, warum sie für einen Verzicht auf die Bezugsrechte sind und welcher Betrag aus der Ausgabe der Anteile erzielt werden soll. Die Geschäftsführer müssen zur Vorbereitung des Beschlusses eine Erklärung abgeben, warum sie den Verzicht empfehlen.
Rz. 180
Der Verstoß gegen die Beachtung der Bezugsrechte führt nicht zu einer Unwirksamkeit der Anteilsausgabe. Die Geschäftsführer können sich aber strafbar und schadensersatzpflichtig machen.
Rz. 181
Auch bei der Ausgabe von Anteilen im Rahmen des genehmigten Kapitals müssen die Rechte von Inhabern anderer Anteilsklassen beachtet werden. Führt die Kapitalerhöhung zu einem Einfluss auf deren Anteile, ist die Zustimmung durch außerordentlichen Gesellschafterbeschluss der Gesellschafter dieser Anteilsklasse mit 75 %-Mehrheit einzuholen.
Rz. 182
Der Gesellschafterbeschluss über den Verzicht auf die Bezugsrechte (generell oder im Einzelfall) ist dem Register innerhalb von 15 Tagen zu übermitteln.