Rz. 73
Vor Abschluss des Gründungsvorgangs existiert die Ltd. nicht. Jeder, der im Namen der Gesellschaft eine Vereinbarung abschließt, bevor sie rechtlich existent ist, haftet persönlich aus dieser Vereinbarung, selbst nachdem die Gesellschaft rechtlich existent geworden ist. Diese vertragliche Verpflichtung dürfte mit dem Recht zur Ausübung der vertraglichen Rechte einhergehen. Solche Vorgründungsverträge, die auch mündlich abgeschlossen werden können, werden "pre-formation" or "pre-incorporation"-contracts genannt. Die Regelung hierzu findet sich in Sec. 51 CA 2006. Die gutgläubigen Vertragspartner einer mangels Eintragung rechtlich noch nicht existenten Gesellschaft sollen hierdurch geschützt werden.
Rz. 74
Die Haftung des Handelnden – dies kann z.B. ein promoter, ein designierter Geschäftsführer oder ein Gründungsgesellschafter sein – lässt sich allerdings vertraglich zwischen dem Dritten und dem Handelnden ausdrücklich ausschließen. Dies würde freilich den Vertragspartner abschrecken, da ihm in diesem Falle niemand mehr aus dem Vertrag haften würde. Da ein Vertragsschluss nach englischem Recht voraussetzt, dass die Vertragsparteien existieren, vermag die später gegründete Gesellschaft den Vertragsschluss noch nicht einmal genehmigen. Im Vorgründungsstadium können wirksame, die Gesellschaft verpflichtende Verträge noch nicht abgeschlossen, sondern erst entworfen werden. Der Vertrag mit den darin vorgesehenen Bestimmungen sollte erst nach der Eintragung der Gesellschaft seitens der Gesellschaft unterzeichnet werden. Sollte der Vorgründungsvertrag vor der Eintragung der Gesellschaft auch bereits im Namen der Gesellschaft unterzeichnet sein, so hilft nur noch eine ausdrückliche oder stillschweigende Novation nach der Eintragung der Gesellschaft, d.h. eine Erneuerung des Vertrags, die den Vorgründungsvertrag ersetzt. Die Gesellschaft müsste zum Zwecke einer ausdrücklichen Novation nach ihrer Eintragung einen weiteren Vertrag mit demselben Vertragspartner zu denselben Konditionen abschließen. Eine stillschweigende Novation würden englische Gerichte anerkennen, wenn die Gesellschaft die Vertragsbestimmungen ändert oder ihr nach dem Vertrag zustehende Gegenleistungen vereinnahmt. Schließlich kann der Gesellschaft ein Optionsrecht eingeräumt werden, das erst nach der Gründung ausgeübt wird. Die Ausübung der Option müsste allerdings eindeutig sein. Räumt ein promoter einer Gesellschaft in einem von ihm kontrollierten Gründungsstadium eine vertragliche Option ein, so kann er hieraus auch dann nicht verpflichtet werden, wenn die Gesellschaft die Option nicht ausübt. Der promoter kann in diesem Falle höchstens das Geld für den Preis für die Offenhaltung der Option verlieren. Um sicherzustellen, dass die Gesellschaft tatsächlich den Vertrag so wie entworfen abschließt, müsste in den Gesellschaftsvertrag der neuen Gesellschaft eine Bestimmung eingefügt werden, die den Geschäftsführer dazu verpflichtet, in den Vertrag "einzutreten" bzw. genauer gesagt ihn überhaupt erst abzuschließen. Eine solche Bestimmung müsste freilich vom Willen der Gründer und des ersten Geschäftsführers mitgetragen sein, da die Gründer andernfalls nicht das Memorandum und die Articles und der erste Geschäftsführer nicht das Statement of Particulars of the Directors unterzeichnen würden.
Rz. 75
Ein Vertrag, der von einem Vorgründungsvertrag zu unterscheiden ist, ist eine Art Vertrag zugunsten Dritter, durch den eine Gesellschaft auch schon im Vorgründungsstadium drittbegünstigt werden kann. Die Vertragsparteien bleiben jedoch vertraglich aus einem solchen Vertrage zugunsten Dritter verpflichtet. Nähere gesetzliche Regelungen hierzu finden sich im Contracts (Rights of Third Parties) Act 1999.
Rz. 76
Ebenfalls nicht mit Vorgründungsverträgen zu verwechseln sind Verträge im Namen von Vorratsgesellschaften. Wenn ein promoter im Namen einer Vorratsgesellschaft Verträge abschließt, bevor er die Vorratsgesellschaft kauft, wird die Vorratsgesellschaft und nicht der promoter durch den Vertrag verpflichtet, weil die Vorratsgesellschaft zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses rechtlich existent war und der promoter erkennbar im Namen der Vorratsgesellschaft kontrahiert hat. Es schadet nicht, wenn die Vorratsgesellschaft zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch einen anderen Firmennamen trug als die spätere rechtlich identische Gesellschaft, die den Bedürfnissen des Unternehmens angepasst worden ist und ihren Geschäftsbetrieb aufgenommen hat. Auch Vorratsgesellschaften sind als eingetragene Gesellschaften rechtsfähig und können aus Verträgen wie jede andere eingetragene Gesellschaft verpflichtet werden. Mit der Zuhilfenahme von Vorratsgesellschaften können im Vorgründungsstadium jedoch leicht Fehler gemacht werden. In einem Fall aus dem Jahre 1988, Cross v Aurora Group Ltd., schloss Herr Cross im Namen der "Cross Property Management Ltd. a company currently being formed" einen Vertrag ab. Danach kaufte er eine Vorratsgesellschaft, die zum Zeitpunkt des Vertragssc...