aa) Begriff der Anteilsklassen
Rz. 271
Die Articles of Association können grundsätzlich Anteile verschiedener Beschaffenheit (Anteilsklassen – class rights) definieren und damit die Rechtspositionen der Gesellschafter unterschiedlich ausgestalten.
Rz. 272
Gemeinhin wird unterschieden zwischen
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Anteilen mit Stimmrecht, Gewinnbeteiligung und Beteiligung am Liquidationserlös (ordinary shares), |
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stimmrechtslosen Anteilen mit Gewinnbeteiligung und mit oder ohne Beteiligung am Liquidationserlös (Vorzugsanteile – preference shares) und |
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Anteilen mit Stimmrechten, die erst nach den Dividendenausschüttungen an die Halter der ordinary shares und der preference shares für Ausschüttungen berücksichtigt werden (deferred shares). |
In der Praxis sind deferred shares oft Anteile, die an Gründungsgesellschafter ausgegeben werden und diese zum Bezug einer hohen Restdividende berechtigen, nachdem Anteile anderer Gattungen mit einer Mindestdividende berücksichtigt worden sind. Alle Anteilsgattungen können auch als einziehbare Anteile (redeemable shares) ausgestaltet sein. Möglich ist es aber auch, nur eine Anteilsklasse in Form von ordinary shares zu definieren und dort einzelnen Anteilen besondere Rechte einzuräumen.
Rz. 273
Zwischen den Anteilen gleicher Klasse besteht ein Gleichbehandlungsgebot (pari passu-Gebot). Problematisch sind in der Praxis Maßnahmen, die die verschiedenen Anteilsklassen ungerechtfertigt unterschiedlich belasten oder nur eine Anteilsgattung rechtlich betreffen, aber eine Ausstrahlungswirkung auf andere Anteilsklassen haben. Konflikte zwischen den Anteilseignern verschiedener Gattungen sollen durch Sec. 630 CA 2006 geregelt werden, soweit die Articles keine eigenen Schutzbestimmungen enthalten. Enthalten die Articles Schutzbestimmungen für Anteilseigner bestimmter Anteilsklassen, bestimmt sich der Rechtsschutz nach einer Kombination von gesetzlichen Regeln und satzungsmäßigen Regeln. Die Model Articles sehen hier keine Bestimmungen vor, da sie von einer Ltd. mit nur einer Anteilsklasse als Regelfall ausgehen.
bb) Rechtsschutz gegen eine Änderung der Rechte von Anteilsklassen
Rz. 274
Mit Zustimmung von 75 % der abgegebenen Stimmen aller Gesellschafter der betroffenen Anteilsklasse in einer Gesellschafterversammlung oder bei einer schriftlichen Beschlussfassung mit Zustimmung von Gesellschaftern, die drei Viertel des Nominalkapitals der Anteilsklasse halten, kann nunmehr nach dem gesetzlichen Regelungsmodell geändert werden. In den Articles dürfen höhere oder niedrigere Anforderungen gesetzt werden. Den gleichen Mehrheitsanforderungen unterliegen Beschlüsse, mit denen die entsprechende Klausel über die Mehrheitsanforderungen selbst geändert werden soll (Sec. 630 Abs. 5 CA 2006: abrogation of rights). Für die Fragen, was ein class right und eine Änderung (variation) ist, sieht der CA 2006 keine Änderung vor, d.h. insofern gelten die Rechtsprechungsgrundsätze weiter. Gemäß Sec. 637 CA 2006 muss eine Änderung von Anteilsrechten innerhalb eines Monats dem Register angezeigt werden. 15 % der unterlegenen Gesellschafter der Abstimmung können den Beschluss innerhalb von 21 Tagen gerichtlich anfechten (Sec. 633 CA 2006). Diese Klagemöglichkeit steht neben den nachfolgend dargestellten Klagemöglichkeiten.